Europawahl – ob Beten da noch reicht?

Unmittelbar vor den Europawahlen haben hohe Geistliche verschiedener Konfessionen ein gemeinsames Gebet auf der Passerelle des Deux Rives organisiert.

Schade, dass der liebe Gott die ökumenischen Gebete vor der Europawahl nicht erhört hat... Foto: © Claude Truong-Ngoc / eurojournalist.eu

(KL) – Der Himmel lachte am Freitag, als hohe Vertreter der katholischen, evangelischen, orthodoxen und anglikanischen Kirche gemeinsam dafür beteten, dass die Menschen zur Europawahl gehen und dann auch noch so abstimmen, dass man damit leben kann. Was man zumindest in Frankreich seit Sonntagabend nicht mehr uneingeschränkt sagen kann.

Gemeinsam sangen Geistliche und Gläubige die europäische Hymne auf Deutsch und Französisch und warfen dann einen symbolischen Stimmzettel in eine Wahlurne. Doch auch, wenn die vereinten Kräfte mehrerer Kirchen nicht ausreichten, um den Wahlsieg einer Partei zu verhindern, die so unchristliche Dinge fordert wie die Abkehr von der Familienzusammenführung, so war die Aktion auf der Fußgängerbrücke zwischen Kehl und Straßburg dennoch bemerkenswert.

Denn die Geistlichen beteten nicht nur darum, für einen guten Ablauf der Wahlen zu beten, sondern auch, um denjenigen, „die sich für das politische Leben engagieren“ zu segnen. Doch die Ergebnisse der Wahlen, vor allem im Elsass, widersprechen leider dem Erzbischof von Straßburg Jean-Pierre Grallet, der sagte: „Seit 70 Jahren hat der Aufbau Europas den Frieden zwischen den Völkern gestärkt, die einstmals Feinde waren.“ Wie schade, dass seine Schäfchen ausgerechnet massiv für diejenigen Verführer stimmten, die als erstes die mühsam abgebauten Grenzen wieder einrichten wollen.

Ähnliches sagten auch Christian Albecker und Matthias Kreplin, beide Vertreter der evangelischen Kirche in Baden. Wobei sie mit ihrem versteckten Wahltipp („Die Europaabgeordneten können ihr Mandat mit großer Legitimität ausüben, da sie mit einer großen Mehrheit der Bürger dieses Kontinents gewählt werden.“) leider ziemlich falsch lagen.

Und natürlich, aufgrund der Neutralität der Kirche, gab es keine Wahlempfehlung. Was uns allerdings an einen schwierigen Punkt bringt. Denn auch die Kirche hat sich in der Vergangenheit zumeist prächtig mit den jeweiligen Machthabern arrangiert, gleich, wie schrecklich die jeweiligen Regimes auch gewütet haben. Vielleicht wäre es doch eines Tages angebracht, dass auch die Kirchen Stellung beziehen, wenn der fundamentale Respekt vor dem Menschen auf politischer Ebene nicht mehr gewährleistet ist.

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