F.X. Richter ist zurück – bald auch im Straßburger Münster?

Eine Ersteinspielung von Vokalwerken des musikgeschichtlich wichtigsten Straßburger Komponisten soll davor sorgen, dass diese Werke nach über 225 Jahren auch wieder im Münster zu hören sein werden.

Ob wohl das Requiem des F.X. Richter im Straßburger Münster aufgeführt werden wird? Foto: Supraphone

(Von Michael Magercord) – Franz Xaver oder François Xavier? Oder doch František? War der Herr Richter nun Mähre, Österreicher oder doch Elsässer? Komponist und Kapellmeister in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war er, und hat als Musiker die Sprache gesprochen, die keine Nationalität kennt – oder wenigstens nicht kennen sollte.

Roman Valek ist Tscheche, ebenfalls Kapellmeister und Kenner der Barockmusik, und unter seiner Leitung hat das Tschechische Barock Ensemble zwei Werke des Herrn Richter zum ersten Mal überhaupt auf einen Tonträger eingespielt. Und nun will er nur noch das eine: diese beiden Perlen der Kirchenmusik einmal im Straßburger Münster zur Aufführung bringen.

F.X. Richter stammte aus Mähren. Dann verliert sich seine Spur. Er sei erst in Italien gewesen, dann Sängerknabe in Stuttgart, später wurde ein Herr Richter im Hoforchester von Mannheim als Violonist geführt. Doch danach gibt es keinen Zweifel mehr: 1769, im Alter von immerhin schon 60 Jahren, wurde dieser F.X. Richter zum Kapellmeister der Kathedrale Notre Dame zu Straßburg berufen. Diesen Posten behielt er 20 Jahre lang bis zu seinem Tod inne, wenige Wochen vor der Revolution. Diese Periode gilt noch heute als der Höhepunkt in der Musikgeschichte der Stadt.

Seiner Leitung unterstand neben der Hofkapelle und dem Stadtorchester das zweitgrößte Kirchenmusikensemble Frankreichs mit 17 Sängern und 28 Instrumentalisten. Er brachte die aktuelle Wiener Musik und italienische Kompositionstechniken nach Frankreich. Seine zahlreichen Kompositionen beriefen sich auf die Tradition Bachs und Händels, und doch waren sie immer ein wenig neapolitanisch, und eine erste Andeutung der Wiener Klassik findet sich darin, gerade weil er sich den seinerzeit modischen Rokokomanieren enthielt.

An Ende seines Lebens schrieb er ein Requiem, als wäre es für ihn. Eines mit Pauken und Trompeten und doch dunkel gehalten – ein neuer Stil, klassisch beinahe. Richter markiert damit den Übergang vom Barock zur Klassik, und Straßburg wird so einmal mehr zum Ort der europäischen Kreuzungswege, wo sich „das Alte mit dem Neuen vermählt“.

Zugegeben, der letzte, etwas schwülstig geratene Nachsatz ist dem Booklet der CD mit der Ersteinspielung dieses Requiems entnommen. Aber wollen wir das einfach mal hoffen, dass Musik so universell ist und es vermag, über Orte und Zeiten hinweg verbindend zu wirken. Zumindest aber wäre es ein guter Grund, den Traum von Roman Valek wahr werden zu lassen und das Requiem und die kürzere Vokalsonate an der Stelle aufzuführen, für die sie einst komponiert worden sind. Sehr geehrtes Kathedralkapitel der Notre Dame von Straßburg, das sollte doch nichts Unmögliches sein?

Bis es soweit ist, bietet diese CD aus dem tschechischen Hause Supraphon einen hervorragenden Ersatz, ja vielleicht auch mehr als das.

F.X. Richter – Requiem
Czech Barock Ensemble
unter Leitung von Roman Valek
CD – 64 Min. Gesamtspieldauer
SU-4177-2 www.supraphon.com

 

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