Feiertage oder keine Feiertage

Seit Wochen tobt der Ärger im Elsass – zwei Feiertage werden den Elsässern zwar nicht gestrichen, doch müssen die an diesen Tagen nicht gearbeiteten Stunden nachgeholt werden.

Karfreitag gehört zu den Feiertagen, die man im Elsass gerne unangetastet liesse... Foto: Frank Vincentz / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Das Elsass kennt zwei Feiertage, die man im restlichen Frankreich nicht kennt – Karfreitag und der 2. Weihnachtsfeiertag. Dass dies im Elsass so ist, liegt am Konkordat, das dem Elsass ein paar Sonderrechte einräumt, die mit der speziellen Geschichte der Region zu tun haben. Doch jetzt hat Premierminister Castex beschlossen, dass die Jahresarbeitszeit für Beamte überall in Frankreich gleich zu sein hat und die Elsässer diese beiden Feiertag auf die restliche Jahresarbeitszeit umlegen müssen. Und das Elsass ist sauer.

„Nein, wir nehmen den Elsässern keine zwei Feiertage weg“, versuchte Castex die bittere Pille zu versüßen, „wenn man die Arbeitszeit dieser beiden Feiertag auf das Jahr umlegt, muss jeder elsässische Beamte eben 3 Minuten mehr am Tag arbeiten“. Das klingt eher nach einem Taschenspielertrick als nach seriöser Politik. Denn in dem Moment, wo man die Arbeitszeit eines Feiertags anderweitig aufholen muss, ist es eben kein Feiertag mehr. Denn eines der Merkmale eines Feiertags ist es, dass man an diesem Tag nicht arbeiten muss.

Man kann natürlich grundsätzlich hinterfragen, ob es verschiedene Regeln für verschiedene Regionen geben darf. Bislang lautete die Antwort „ja“, was auch daran liegt, dass die Kulturen in den verschiedenen französischen Regionen derart unterschiedlich sind, dass es eben auch ganz andere Bräuche, Feste und Prioritäten gibt. Zu einem Zeitpunkt, zu dem die Regierung offiziell am Gesetz der Dezentralisierung arbeitet, schlägt der französische Zentralismus erneut zu und nimmt einer Region, dem Elsass, seine regionale Besonderheit.

Speziell im Rahmen der völlig verkorksten Gebietsreform von 2016 wird so etwas natürlich sehr kritisch aufgefaßt – denn diese Gebietsreform, aufgrund derer das Elsass inzwischen zur Region Grand Est gehört, zusammen mit Lothringen und der Champagne-Ardennes, hat keinesfalls die versprochenen „schlankeren Strukturen und hohe Einsparungen“ gebracht, sondern man hat dem „Verwaltungs-Blätterteig“ einfach eine neue Schicht hinzugefügt, die alles schwieriger, teurer und ineffizienter macht. Und nun vergreift man sich sogar an den Feiertagen im Elsass.

„Ja“, entgegenen die Macron-Jünger, „aber das ist viel gerechter. So arbeiten dann alle französischen Beamten gleich viel und wer diese beiden Feiertage begehen möchte, kann das ja auch weiterhin tun. Und dann eben für den Rest des Jahres 3 Minuten mehr am Tag arbeiten. Wo ist das Problem?“

Das Problem liegt dort, wo nach und nach die regionalen Besonderheiten in den französischen Regionen nivelliert werden und, natürlich, immer nach unten. Für regionale Besonderheiten mussten sich die Franzosen in den betroffenen Regionen Jahrzehnte lang herumschlagen, und was über jahrelange Kämpfe erreicht wurde, wird heute mit einem Pariser Federstrich ungültig gemacht.

Zum Thema Karfreitag und 2. Weihnachtsfeiertag dürfte aber das letzte Wort noch nicht gesprochen sein. Will Frankreich den Regionen tatsächlich eine eigene Identität zugestehen, die es faktisch ohnehin gibt, wird Paris mehr Respekt für regionale Besonderheiten und Sprachen an den Tag legen müssen. Der Zentralstaat ist eines der Hauptprobleme Frankreichs und die Elsässer werden diesen Feiertags-Skandal nicht einfach so stehenlassen.

Diese neue Regelung gehört zu den überflüssigen Aktionen der Regierung, die wie ihre Vorgängerregierungen kurz vor einem Wahltermin unbedingt noch etwas Neues auf den Weg bringen muss, egal, wie unausgegoren. Ob dies wohl eine Rolle für den 2. Wahlgang der Präsidentschaftswahl am 24. April spielen wird? Oder bei den im Anschluss stattfindenden Parlamentswahlen? Bis es soweit ist, werden wir im Elsass diese Woche aber auf jeden Fall Karfreitag feiern…

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