Flamanville, Paradebeispiel für den nuklearen Wahnsinn

Noch vor der Inbetriebnahme häufen sich die technischen Probleme des neuen AKW in Flamanville, dessen Bau jetzt schon dreimal teurer war als geplant. Aber man macht munter weiter.

Flamanville by Night - so ähnlich muss sich Frodo vor den Toren Mordors gefühlt haben... Foto: Morpheus2309 / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Flamanville, an der Küste zum Ärmelkanal gelegen, ist eigentlich ziemlich hübsch. Ein kleiner Ort, eine spektakuläre Küste mit hübschen Strandbuchten, richtig schön. Wäre da nicht, ja wäre da nicht dieses neue Atomkraftwerk, das ein weiteres Beispiel für den französischen Atom-Irrweg ist. Denn diese Anlage fällt gerade durch die Tests der nationalen Atomsicherheitsbehörde ASN – momentan sind es Material-Anomalien im Brennstabbeckens des neuen Reaktors. In diesem Becken befinden sich die radioaktiven Brennstäbe und ein sicherer Betrieb kann unter extremen Bedingungen nicht garantiert werden.

Nachdem wir erst vor wenigen Tagen gelernt haben, dass eine sichere Lagerung des Atommülls so ungefähr im Jahr 2170 möglich sein soll, staunt man darüber, dass Frankreich weiterhin so stur an einer Technologie festhält, deren Entwicklung-, Sicherheits- und Folgekosten so immens sind, dass man sie gar nicht berechnen kann. Sollen die doch im Jahr 2170 mit dem Müll klarkommen, die haben dann bestimmt auch alle einen implantierten Chip im Kopf und sind so viel schlauer als wir, dass sie eine Technologie erfinden können, mit der man strahlenden Atommüll für 25000 Jahre sicher lagern kann. Was vorher mit dem hcohgiftigen Dreck passiert, ist uns egal, so lange die Rendite stimmt.

Und was für Leute planen und entscheiden solche Projekte. Das ursprünglich mit 3,3 Milliarden Euro veranschlagte Projekt wird bei Fertigstellung geschätzte 9 Milliarden Euro gekostet haben – dreimal so viel wie geplant. Und das soll keine Auswirkungen auf den Strompreis und die Rentabilität eines solchen Projekts haben? Ebenfalls nicht eingeplant sind Kosten für den Fall, dass Flamanville in die Luft fliegt, wie schon andere AKWs zuvor. Aber dieses Vabanque-Spiel mit dem Leben der Mitbürger spielt der staatliche Monopolist EdF gerne – das Risiko tragen ja nur die Menschen, die in der Nähe der 57 französischen Atommeiler leben.

Die französische Umweltministerin Segolene Royal, frühere und glücklose Präsidentschaftskandidatin und Lebensabschnittsgefährtin von François Hollande, ist ganz, ganz stolz auf ihre Energiewende. Denn, traraaa, damit Flamanville ans Netz gehen kann (falls eines fernen Tages zumindest die gröbsten Herstellungsfehler behoben sein sollten), muss EdF ein anderes AKW schließen. Ja, klasse, mögen Sie denken, das sollte doch die völlig veraltete Anlage in Fessenheim sein, die permanent Störfälle erlebt und bei einem Unfall den halben Oberrhein für ein paar Tausend Jahre unbewohnbar machen würde, aber nein. EdF darf sich selber aussuchen, welche Anlage man abschalten möchte.

Nach Ansicht von Experten kommt das Beste nun zum Schluss der Bauarbeiten von Flamanville. Denn die Material-Anomalie am Boden des Brennstabbeckens ist offenbar so schwerwiegend und ein Austausch technisch so schwierig, dass wohl das ganze Projekt gefährdet wäre. Was uns alle sicher noch weiter beruhigt, ist die Tatsache, dass einige der fraglichen Elemente mit denen identisch sind, die auch gerade im Atommeiler Teishan I und II in China verbaut worden sind, eventuell auch in Hinkley Point C in Großbritannien.

Laut Experten handelt es sich eine so genannte „Segregation“ in bestimmten Abdeckzonen der Bodenabdeckung des Brennstabbeckens, eine Materialtrennung, die sich durch eine hohe Konzentration von Kohlenstoff im Stahl an bestimmten Stellen zeigt. Ein Herstellungsfehler bei der Verhüttung des verwendeten Stahls. Blöd. Geschickterweise hat der Hersteller dann auch gleich die Ummantelung um das Becken festgebaut, bevor es zu Tests kommen konnte.

Aber führen all diese Pannen, die Kostenexplosion, die völlig unüberschaubaren, aber pharaonischen Folgekosten dazu, dass man in Frankreich ernsthaft darüber nachdenkt, aus der Atomenergie auszusteigen? Nein, denn so lange EdF sich selbst und seinem Hauptaktionär, dem französischen Staat, mit Atomenergie die Kassen füllt, muss man nicht über sinnvolle Alternativen nachdenken. Wie lautet der Diminutiv von Energiewende? Energiewendchen?

Am Sonntag, den 26. April, ist Aktionstag am AKW Fessenheim – mitmachen! Alle Infos unter DIESEM LINK!

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