François Hollandes letzter Strohhalm

Das Hôtel Matignon, Sitz des französischen Premierministers, hat einen neuen Mieter. Manuel Valls ersetzt ab sofort Jean-Marc Ayrault. Foto: Chatsam / Wikimedia Commons

(KL) – Die Wahlschlappe für die französischen Sozialisten vom letzten Sonntag tat weh. So weh, dass der französische Präsident nach dem letzten Strohhalm griff und den Rücktritt seines Premierministers Jean-Marc Ayrault annahm.

Mit Ayrault trat auch das ganze Kabinett zurück – neuer Premierminister wird der Parteirechte Manuel Valls, der bisher Innenminister war und sich in diesem Amt vor allem durch rücksichtsloses Vorgehen gegen Asylbewerber und Roma auszeichnete, was ihm mehr Beifall beim politischen Gegner als in den eigenen Reihen einbrachte.

Nachdem die PS am Sonntagabend sage und schreibe 171 Rathäuser an die Rechten abtreten musste, blieb Hollande nicht anderes übrig. Ähnlich wie ein Fußballverein, der dabei Abstiegssorgen seinen Trainer entlässt, wechselt Hollande seinen Regierungschef aus, doch dürfte das alleine nicht ausreichen, um innerhalb kürzester Zeit das Vertrauen seiner Landsleute zurück zu gewinnen. Doch Zeit haben weder der neue Regierungschef, noch der Präsident, denn die nächste Wahlschlappe zeichnet sich bereits für die anstehenden Europawahlen ab. In den aktuellen Umfragen liegt die Regierungspartei PS nur noch an dritter Stelle in der nationalen Wählergunst, hinter der konservativen UMP und dem rechtsextremen Front National.

Nur – was soll Manuel Valls in den nächsten sechs Wochen so verändern, dass sich die PS noch einmal erholen kann? Fast hat man das Gefühl, als warteten die Franzosen mit gezücktem Kugelschreiber, um es der Regierung Ende Mai noch einmal so richtig zu zeigen.

Für François Hollande kommt diese Regierungsumbildung zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Denn sollte Valls tatsächlich das französische Ruder herum reißen können, dann dürfte Manuel Valls auch der PS-Kandidat für die Präsidentschaftswahlen 2017 sein – und nicht François Hollande. Sollte Valls es aber nicht schaffen, dürfte die dann gescheiterte Umbesetzung auch Hollande angelastet werden. Dort, wo man immer nach „Win-Win-Situationen“ sucht, hat sich der französische Präsident in eine „Lose-Lose-Situation“ manövriert.

Frankreich erlebt eine große Frustration. Keimt nach der Wahl Hollandes für einen kurzen Moment eine Stimmung wie 1981 auf, als François Mitterand an die Macht kam, folgte die Ernüchterung auf dem Fuß. Die Quittung für die Regierungsschwäche von Hollande & Co. werden Frankreich und Europa Ende Mai erhalten – wenn die Rechtsextremen und Europaskeptiker zahlreich ins Europäische Parlament einziehen werden. Angesichts der kurzen Zeit bis hin zur Europawahl kann man sich kaum vorstellen, dass diese Tendenz noch einmal umgekehrt wird.

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