Frankreich auf dem Weg zur Schlachtbank…

Die aktuellen Umfragen zeigen, dass Frankreich den zwei Jahrzehnte andauernden Wahlboykott des „Rassemblement National“ aufgibt. Die Rechtsextreme Marine Le Pen führt deutlich.

Sollten die Franzosen 2022 im zweiten Wahlgang erneut nur diese Stimmzettel vorfinden, dann haben sie es nicht besser verdient... Foto: Rogi Lensing / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0de

(KL) – Irgendjemand lügt. Entweder sind es die regierungstreuen Medien, die uns ständig mit neuen Höchstwerten der angeblichen Beliebtheit von Präsident Macron und seinem Regierungschef Jean Castex beglücken, oder aber es ist die IFOP-Umfrage, die untersucht hat, wie die Franzosen abstimmen würden, wären nächsten Sonntag Präsidentschaftswahlen in Frankreich. Der Trend ist eindeutig – die rechtsextreme Marine Le Pen liegt deutlich vor Amtsinhaber Emmanuel Macron.

Die Verarmung der Politik-Landschaft in Frankreich begann 2002, als es sensationell der Front National-Gründer Jean-Marie Le Pen in die Stichwahl um das Präsidentenamt schaffte. Sein Gegner in dieser Stichwahl war Jacques Chirac, der mit rund 88 % der Stimmen gewählt wurde. Seitdem ist der politische Diskurs in praktisch allen Wahlen der gleiche: „Wählt mich, sonst bekommt ihr den Front National“. Der „Front National“ hat zwar etwas Kreide gefressen und sich in „Rassemblement National“ umbenannt, aber es ist immer noch der gleiche Verein. Der greise Jean-Marie Le Pen ist zwar aus der aktiven Politik ausgeschieden, doch ist Rechtsextremismus in Frankreich eine Familienangelegenheit. Heute wird die Partei von seiner Tochter Marine Le Pen geleitet und deren noch extremere Nichte Marion Le Pen-Marechal steht bereits in den Startlöchern, um die rechtsextreme Familientradition weiterzuführen. Nur – alleine mit dem Schreckgespenst „Le Pen“ wird man in Frankreich künftig keine Wahlen mehr gewinnen.

Dass es nächstes Jahr tatsächlich zu der Situation kommen könnte, in der es eine Rechtsextreme ins höchste Staatsamt schafft, das ist die Schuld aller letzten Präsidenten, von Chirac über Sarkozy und Hollande bis Macron. Deren schwache Leistung als Präsidenten haben den Rechtsextremen die Wähler in die Arme getrieben und sollte Macron 2022 tatsächlich wieder mit der Nummer „wenn ihr mich nicht wählt, dann bekommt ihr Marine Le Pen“ antreten, dann dürfte er keine Chance auf eine zweite Amtszeit haben. Denn in den drei Jahren seiner Amtszeit hat Macron auch dem letzten Getreuen gezeigt, dass die Hoffnung auf eine „neue Welt“ in der Politik versprochen hatte, eine Fata Morgana war. Die „alte Welt“ herrscht immer noch vor, nur dass sie sich von einer gut geölten Maschine aus Korruption, Vorteilsnahme und Vetterleswirtschaft in die „alte Welt im Amateur-Modus“ verwandelt hat.

Es stellt sich allerdings die Frage, ob Emmanuel Macron, der mit einer Serie von Dekreten seit Monaten die Freiheiten der Franzosen abgeschafft hat und Marine Le Pen, deren ausländerfeindliches Geschwätz seit zwei Jahrzehnten das gleiche ist, wirklich das Beste sind, was Frankreich zu bieten hat. Sollte es tatsächlich zu einer Neuauflage des Duells „Not gegen Elend“ kommen, dann sind es die Franzosen auch selbst Schuld. Beide Kandidaten kennend, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, Alternativen anzubieten. Statt achselzuckend zuzuschauen, wie sich Frankreich selbst zur rechtsextremen Schlachtbank führt.

Und die „linken“ Parteien? Die kann man eigentlich vergessen. Denn in Frankreich ist es Tradition, dass sich die „linken“ Parteien lieber gegenseitig in der Diskussion zerfleischen, wer denn nun die wahre linke Lehre vertritt, statt gemeinsam den politischen Gegner von rechtsaußen zu bekämpfen. Es wird zwischen der abgewirtschafteten PS, der „France Insoumise“ des höchst seltsamen Jean-Luc Melenchon und anderen „linken“ Parteien keine Allianz und kein Wahlbündnis geben und die Grünen sind ohnehin nur schwer im „linken“ Spektrum zu verorten. Und da man sich im „linken“ Lager lieber gegenseitig bekämpft statt gemeinsam gegen die drohende Gefahr der Familie Le Pen zu agieren, werden diese „linken“ Parteien keine Rolle spielen. Dabei gäbe es durchaus ein Wählerpotential links der Mitte in Frankreich, doch dieses wird nicht genutzt werden. Auch die „linken“ Parteien ziehen es also offenbar vor, ein erneutes Duell Macron – Le Pen als Beobachter zu erleben, statt sich selbst als Alternative zu organisieren.

Das „Superwahljahr“ 2020 könnte in Frankreich zu einem politischen Erdrutsch führen. Und Marine Le Pen wird sich bei ihrem Vorgänger Macron bedanken können – dieser hat ein Arsenal an Instrumenten zur Unterdrückung der Bevölkerung und der freien Meinungsäußerung erschaffen, das Marine Le Pen in die Karten spielen wird. Wenn man heute schon an 2022 denkt, kann einem angst und bange werden…

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