Frankreich beklagt seine „Wachstums-Panne“

Finanzminister Michel Sapin nutzte die letzten Urlaubstage, um schlechte Nachrichten zu verkünden. Man findet keinen Weg aus der Krise und schuld sind die anderen.

Der französische Finanzminister Michel Sapin findet, dass die EU Frankreichs Probleme lösen sollte. Foto: Marie Lan-Nguyen / Wikimedia Commons / CC-BY 2.5

(KL) – Jetzt ist die Katze aus dem Sack und gewundert hat sich niemand so richtig über das, was der französische Finanzminister Michel Sapin gestern zu verkünden hatte. Es gibt, so Sapin, eine „Wachstumspanne“ in Frankreich, für die Lösungen von anderen zu finden sind, nur nicht von der französischen Regierung. Die Arbeitslosigkeit grassiert weiter, das Wachstum ist, freundlich ausgedrückt, unzureichend und die europäischen Stabilitätskriterien werden auch nicht eingehalten.

Die Wortwahl von Michel Sapin ist geschickt gewählt – „Wachstumspanne“, das klingt ein wenig nach Höherer Gewalt, etwas Unausweichlichem. Wie eine Autopanne eben. Die hat ja auch niemand gewollt. Doch so einfach ist es nicht. Seit zwei Jahren haben die französischen Sozialisten die Möglichkeit zum „Durchregieren“ – sie verfügen über Mehrheiten in beiden nationalen Kammern, sie regieren in 21 von 22 französischen Regionen und es gäbe keinerlei politisches Hindernis für eine kraftvolle und zupackende Politik. Doch genau das ist das Problem der französischen Regierung. Der offensichtlich ein Plan und eine klare Linie fehlt.

Doch Michel Sapin weiß schon, wie man die französische Wirtschaft wieder in Gang bekommt. Zum einen soll die Europäische Zentralbank (EZB) die Gelddruckmaschine anwerfen, wie immer Geld in die Banken pumpen in der vagen Hoffnung, diese mögen das Geld an die Wirtschaft durchreichen (tun sie aber nicht, stattdessen spekulieren sie mit dem Geld an den „Märkten“) und dann sollte Europa erstmal seine Stabilitätskriterien aufweichen. „Flexibler handhaben“, ist die offizielle Lesart, die nichts anderes bedeutet, als dass die Gültigkeit dieser Stabilitätskriterien ausgesetzt oder gar abgeschafft werden soll. Mario Renzi in Italien dürfte bei diesem Vorschlag laut Beifall klatschen.

„Europa muss jetzt energisch und deutlich agieren, indem die Entscheidungen grundlegend an die besondere und außergewöhnliche Situation angepasst werden, die unser Kontinent gerade erlebt. Frankreich wird in dieser Richtung weiter denken.“ In Normalsprache bedeutet dieser enigmatische Politikersprech, dass der Zufall gerade will, dass nicht alles rundläuft und man eben mal mit ein paar Kunstgriffen das Schiff wieder in den richtigen Hafen bugsieren kann. Aber das stimmt leider auch nicht.

Sollten sich Frankreich und Italien mit der gewünschten Aufweichung der Stabilitätskriterien durchsetzen, schaffen sie einen unguten Präzedenzfall. Warum sollte sich zukünftig ein EU-Mitgliedsstaat Mühe geben, die Stabilitätskriterien einzuhalten, wenn die Nichteinhaltung nicht den Druck auf das Land erhöht, sondern zu einer Absenkung der Kriterien führt?

Nach zwei Jahren an der Regierung geben die französischen Sozialisten, die als Hoffnungsträger angetreten waren, ein jämmerliches Bild ab. Die Auswirkungen dieses kollektiven Versagens betreffen allerdings nicht nur die französischen Sozialisten, sondern ganz Frankreich und damit auch Europa. Dass die notorische Politikschwäche der Regierung die französischen Wählerinnen und Wähler in die Arme extremistischer Kräfte treibt, diesen Zusammenhang scheint man in der Parteizentrale der PS in der Rue Solferino in Paris immer noch nicht zu verstehen. Schade, denn solange Michel Sapin glaubt, dass alle für die Krise in Frankreich verantwortlich sind, bis auf Frankreich und die französische Regierung, so lange wird es diese Regierung auch nicht für nötig halten, das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen. Warum auch? Schuld sind ja eh die bösen europäischen Nachbarn…

1 Kommentar zu Frankreich beklagt seine „Wachstums-Panne“

  1. Yveline MOEGLEN // 15. August 2014 um 0:43 // Antworten

    Si la situation économique française n’était pas aussi tragique on rigolerait de bon cœur en entendant ce que le ministre SAPIN nous raconte… : Il estimerait qu’il y a « une panne économique française »… !! Non, pas possible…. !!…. Mais quelle lucidité !!!
    Le pire est qu’il aurait lui aussi tendance à mettre le malheur français sur le dos des autres pays de l’UE…. ….
    S’il vous plait …. Otez-moi d’un doute … !!! La France est bien « encore » dans l’UE ??? Je crois d’ailleurs qu’elle participe même aux décisions de l’UE… !!!…
    Au fait !!! : … C’est quand les prochaines échéances électorales françaises ?????

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