Frankreich – die „Feuer der Wut“

An mehr als 80 verschiedenen Orten im ganzen Land sind gestern wieder die Bauernproteste aufgeflammt. Und dieses Mal wird es mit Versprechungen wohl nicht getan sein.

„Keine Landwirtschaft = nichts zu essen“ - so einfach ist das. Foto: © Croquant / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0 & GFDL

(KL) – Die neuen Proteste der Bauern in Frankreich waren angekündigt gewesen und konnten niemanden wirklich überraschen. Nachdem die meisten Versprechen, mit denen die letzte Regierung versucht hatte, die letzte Welle der Bauernproteste zu beruhigen, nicht erfüllt worden waren, war klar, dass es wieder losgeht. Der neue Innenminister Bruno Retailleau erklärte zwar, dass die Proteste „geordnet und ohne Störung der Franzosen“ verlaufen sollten, doch in dieser Situation ein Armdrücken zwischen der schwachen und mehrheitslosen Pariser Regierung und der aufgebrachten Bauernschaft vom Zaum zu brechen, ist vielleicht auch eine leichte Pariser Selbstüberschätzung. Denn wenn die Bauern Ernst machen, können sie das ganze Land auf unbestimmte Zeit lahmlegen und dabei auf die Unterstützung des größten Teils der Bevölkerung zählen, was man von der aktuellen Regierung wirklich nicht sagen kann.

Bislang verlaufen die Proteste noch sehr friedlich. An vielen Verkehrskreiseln im Land organisieren die protestierenden Bauern die „Feuer der Wut“, Mahnwachen mit großen Feuern, an anderen Stellen sind bereits filternde Straßenkontrollen eingerichtet worden, bei denen einerseits LKWs kontrolliert werden, insbesondere solche mit ausländischem Kennzeichen, während die PKWs an diesen Kontrollpunkten zwar angehalten und mit Flugblättern versorgt werden, ansonsten aber weiterfahren können. Das alles erinnert an die letzte Protestwelle der Bauern und es ist durchaus möglich, dass diese Proteste wie beim letzten Mal weiter eskalieren.

Die Minderheitsregierung von Premierminister Barnier steht auf einsamem Posten. Der Alleinherrscher über Frankreich weilt momentan beim G20-Gipfel in Brasilien und spielt den Weltpolitiker, der er nicht mehr ist, kündigte aber an, dass er das Freihandelsabkommen „Mercosur“ vorerst, ebenso wie Italien, nicht ratifizieren wolle. Das entspricht der Forderung der französischen Bauern, die vor allem die Billigkonkurrenz aus den Ländern Südamerikas fürchten. Doch die ergänzenden Erklärungen Macrons, dass Frankreich dieses Abkommen bei entsprechenden Nachbesserungen vielleicht doch ratifizieren würde, dürfte die Wut der Bauern nicht unbedingt lindern.

Finanzielle Zugeständnisse, die dringend erforderlich wären, nachdem es den Bauern immer schlechter geht, vor allem auch nach einer sehr schlechten Ernte in diesem Jahr, die natürlich auch mit den Wetterphänomenen und dem Klimawandel zusammenhängt, dürften kaum machbar sein. Denn Frankreich ist als am drittstärksten verschuldete Land Europas mit einem Defizit von 6,1% gar nicht mehr in der Lage, den Bauern bedeutende finanzielle Hilfen einräumen zu können. Bei allen Ausgaben, die als prioritär betrachtet werden, dürfte für die Bauern nicht allzu viel übrigbleiben.

Wie sich diese Proteste weiter entwickeln werden, muss man nun abwarten. Und man darf gespannt sein, was die Regierung tun wird, um diese Proteste zu beruhigen. Es wird eine der ersten echten Nagelproben für die Regierung Barnier werden, wobei angesichts der fehlenden Mehrheit im Parlament jede Krise zur Nagelprobe für die Regierung wird. Es kommt ein sehr unruhiger Winter auf Frankreich zu.

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