Frankreich jagt die grüne Fee…

Ein eigentlich schon längst verbotenes Getränk hat in Frankreich wieder Hochkonjunktur – der Absinth. Das hochprozentige Getränk ist ein echtes Erlebnis…

So sieht es aus, wenn man die "grüne Fee" jagt. Ein richtiges Zeremoniell... Foto: Eurojournalist(e)

(KL) – Für viele große Künstler war Absinth die Quelle von Inspiration. Henri de Toulouse-Lautrec saß in den Pariser Kabaretts, schlürfte Absinth und malte seine großartigen Werke, ebenso wie Paul Gaugin und Vincent van Gogh oder auch die Schriftsteller Charles Baudelaire, Ernest Hemingway, Edgar Allan Poe oder Oscar Wilde, um nur diese zu nennen. Das aus Wermut (auch Absinth-Pflanze nach der lateinischen Bezeichnung des sehr bitteren Wermuts genannt), Anis, Fenchel und geheimen Kräutern destillierte Getränk wurde 1915 verboten, da man es für gefährlich hielt, doch wurde dieses Verbot 1998 in den meisten europäischen Ländern wieder aufgehoben. Und seitdem sind Absinth-Abende in Frankreich wieder in Mode gekommen.

Nein, Absinth ist KEIN Pastis, auch, wenn er ähnlich schmeckt und aussieht. Mit bis zu 72 % Alkoholgehalt wird Absinth mit Wasser verdünnt, unterläuft aber vorher eine Prozedur, bei der die „grüne Fee“ geweckt wird. Dazu wird der Absinth aus einer Art Samowar aus dem Hahn in ein Glas getropft, auf dem ein durchlässiges Metallstück liegt, auf das man ein Stück Zucker so platziert, dass der Absinth durch den Zucker ins Glas tropft, wobei der Zucker sich dabei auflöst. Im Glas kommt es dann zu einer chemischen Reaktion, bei der sich der Zucker zu einer feinen Schicht auf dem Getränk absetzt – und das ist die „grüne Fee“. Nebenher neutralisiert der Zucker auch die reichlich enthaltenen Bitterstoffe, so dass man das Gebräu auch trinken kann. Dann wird Wasser dazu gegossen und fertig ist der trinkbare Absinth.

Für den Schriftsteller Oscar Wilde war das Trinken von Absinth eher eine philosophische Angelegenheit als einfach nur der Konsum von Alkohol. „Absinth hat eine wundervolle Farbe, grün. Ein Glas Absinth ist so poetisch wie nur irgendetwas auf der Welt“. Doch bei einem Glas blieb es selten für Oscar Wilde, der daraufhin eine dreistufige Theorie des Absinth-Rauschs entwickelte. Laut dieser Theorie sieht man nach dem ersten Glas die Dinge so, wie man sie gerne sehen möchte. In einer zweiten Phase sieht man die Dinge in all ihrer Fürchterlichkeit und kommt schnell auf den Hund. Dann, so Oscar Wilde, wenn man weiter trinkt, sieht man die Dinge so, wie sie sind – und „das ist das Entsetzlichste, das geschehen kann“.

Ohne gleich zu solchen Exzessen zu gelangen, ist ein Absinth-Abend (zur nach der „grünen Fee“ im 19. Jahrhundert üblichen „grünen Stunde“ am frühen Abend) ein echtes Erlebnis. Man sitzt gemütlich um den „Fontaine“ (Brunnen) genannten Samowar, lässt das edle Nass ins Glas tröpfeln und genießt (in vertretbaren Mengen…) den natürlichen Geschmack der Absinth-Zutaten. Solche Abende kann man inzwischen wieder in allen grösseren Städten Frankreichs erleben und natürlich vor allem dort, wo der Absinth eigentlich herkommt – aus dem französischen Jura, nahe der Grenze zum Kanton Neuenburg in der Schweiz.

Na dann – Prost!

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