Frankreich : Links war mal

Rund ein halbes Jahr vor den französischen Präsidentschaftswahlen stabilisiert sich der Trend nach rechtsaußen immer weiter. Freude wird die Wahl 2022 niemandem machen.

Emmanuel Macron liegt in den Umfragen vorne, doch der rechtsextreme Block ist bereits heute stärker. Foto: Jacques Paquier / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Die beiden Kandidaten, die momentan in den Umfragen, wie derjenigen des Instituts IFOP für den Le Figaro und den TV-Sender LCI, zur französischen Präsidentschaftswahl vorne liegen, nämlich Amtsinhaber Emmanuel Macron und Populist Eric Zemmour, haben noch nicht einmal offiziell ihre Kandidatur erklärt. Doch ist bereits jetzt klar, dass sich das Rennen 2022 zwischen Macron und einem Kandidaten oder einer Kandidatin aus dem rechtsextremen Lager entscheiden wird. Keiner der „linken“ Kandidaten kommt in den Umfragen auf wenigstens 10 %. Es ist, als sei die französische Linke untergegangen.

Die Zahlen: Der Erfinder des digitalen Totalitarismus westlicher Prägung Emmanuel Macron liegt unverändert bei 25 %, sein ärgster Verfolger ist Eric Zemmour, der rechtsextreme Populist, dessen teilweise haarsträubende Thesen ihm momentan 17 % der Stimmen bringen würden. Dichtauf folgt die rechtsextreme Kandidatin Marine Le Pen mit 16 % und ab da werden die Umfragen schwammig.

Die Konservativen wissen noch nicht, ob sie Xavier Bertrand (13 %) ins Rennen schicken oder den früheren Außenminister Michel Barnier, der nach Jahren als Europapolitiker seine tiefe Abneigung gegen Europa entdeckt hat oder vielleicht doch lieber Valérie Précresse, aber den drei Kandidaten der Konservativen ist eines gemeinsam – sie haben keine Chance im Rennen um den Elysée-Palast.

Noch übler sieht es bei den Kandidaten und Kandidatinnen derjenigen Parteien aus, die man einstmals als „linke“ Parteien bezeichnet hat. Der linksextreme Politikrentner Jean-Luc Mélenchon käme auf 8,5 %, die sozialistische Kandidatin Anne Hidalgo auf 5,0 % (eine Ohrfeige für die Bürgermeisterin von Paris, die für eine Partei antritt, die vor fünf Jahren den Präsidenten und die Mehrheit in Parlament und Senaat stellte), und der Grüne Yannick Jadot schafft es gerade mal auf 7 %, wobei die Grünen, wie in anderen Ländern auch, ohnehin nicht als „linke“ Partei einzustufen sind.

Dazu kommt noch eine starke Handvoll Dauerkandidaten, die bei jeder Wahm antreten und irgendwo zwischen 0,5 und 2,5 % der Stimmen liegen.

Der politische Trend nach rechtsaußen hält also an. Das autoritäre Lager der französischen Politik kommt gemeinsam auf fast 70 % der Stimmen und das verspricht für 2022 nichts Gutes. Bleibt die Hoffnung, dass der künftige französische Präsident bei den direkt im Anschluß stattfindenden Parlamentswahl eine Mehrheit bekommt, mit der er sich arrangieren muss und die dafür sorgen könnte, dass die französische Politik weniger feudal geführt wird als in der laufenden Legislaturperiode.

Angesichts des erschreckenden Niveaus der politischen Debatte in Frankreich und der nicht minder erschreckenden Persönlichkeiten der Kandidaten und Kandidatinnen, muss man allerdings damit rechnen, dass einmal mehr die Nichtwähler die große Mehrheit stellen werden. Doch ist eine politische Erneuerung der verkrusteten V. Republik nicht in Sicht – diejenigen, die so dringend benötigte Reformen des Wahlrechts und des demokratischen Funktionierens des Landes einleiten könnten, klammern sich an ihre Posten und Pöstchen fest wie Ertrinkende. Man darf gespannt sein, wann und wie die V. Republik enden und durch die VI. Republik ersetzt werden wird…

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