Frankreich macht Fortschritte in der Drogenpolitik
Nach wie vor ist Frankreich eines Länder mit der restriktivsten Drogenpolitik in Europa. Doch mit der Einrichtung von „Fixerstuben“ stößt das Land die Tür zu einer Drogenpolitik des 21. Jahrhunderts auf.

(KL) – Es hat lange gedauert, aber nun ist es so weit – Frankreich richtet die ersten Fixerstuben ein, in denen Drogenabhängige unter hygienischen Bedingungen ihre Drogen konsumieren können und Zugang zu medizinischer Versorgung und sozialen Angeboten haben. Abgesehen davon, dass es für die Betroffenen einen großen Unterschied macht, ob sie isoliert und unter infektiösen Bedingungen ihre Drogen konsumieren, macht die französische Regierung einen Schritt in Richtung einer Drogenpolitik, die dem Stand des 21. Jahrhunderts entspricht. Denn die Einrichtung dieser „Fixerstuben“ („salle de shoot“) ist auch ein Signal, dass man in Paris verstanden hat, dass Drogenabhängigkeit eine Krankheit und nicht etwa eine „Sünde“ sei, der man nur mit Strafen begegnen kann.
Das Leben eines Fixers sieht bitter aus – in der „Szene“ werden Spitzbestecke von mehreren Abhängigen gemeinsam benutzt, ¨die Ansteckungsgefahr von HIV und anderen Infektionskrankheiten ist enorm. Erschwerend kommt hinzu, dass die Isolation der „Drogenszene“ auch dazu führt, dass diese Gruppe nur schwer mit Hilfsangeboten zu erreichen ist. Dass „Fixerstuben“ hier eine angemessene Antwort sind, das weiß man seit langer Zeit. Solche Einrichtungen gibt es bereits in Australien, Dänemark, Deutschland, Kanada, Luxemburg, Norwegen, den Niederlanden, der Schweiz und Spanien. Dort, wo man diesen Weg gegangen ist, war es nicht nur möglich, die medizinischen „Nebenwirkungen“ der Drogensucht durch die bessere Hygiene zu mildern, sondern es gelingt auch häufig, Drogensüchtige auf Substitutionen wie Methadon umzustellen.
Am Freitag eröffnet die französische Gesundheitsministerin Marisol Touraine die erste „Fixerstube“ im Krankenhaus Lariboisière im 10. Pariser Arrondissement. Etwas sperrig heißt die offizielle Bezeichnung „SCMR – Salle de Consommation de Drogue à moindre risque“ (Raum zum Drogenkonsum bei geringstmöglichem Risiko), doch scheint die veraltete Drogenpolitik Frankreichs erste Risse zu bekommen.
Auf 450 m2 werden künftig bis zu 100 Drogenabhängige von einem Arzt, Krankenpflegern und Sozialarbeitern versorgt werden. Je nach Verlauf dieses ersten Experiments wollen auch andere Städte solche „Fixerstuben“ einrichten.
Wurde Drogenkonsum in Frankreich bislang vor allem als moralische Verfehlung betrachtet, verfolgt und geahndet, scheint man langsam zu verstehen, dass das Thema vielschichtiger ist und möglichst nach modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen gehandhabt werden sollte.
Doch natürlich regt sich auch Protest, zunächst bei den Anwohnern, die das gehäufte Auftreten von Dealern in ihrem Viertel befürchten. Doch so war es auch in allen anderen Ländern – bis sich die Erkenntnis durchsetzen konnte, dass diese Einrichtungen mehr als sinnvoll sind.
Vielleicht schaffen wir es ja in Europa auch, eine moderne Drogenpolitik einzuführen, die weniger straft, dafür aber mehr hilft, nämlich dort, wo es nötig ist. „Fixerstuben“ sind ein Schritt in die richtige Richtung.
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