Frankreich rutscht nicht ganz so weit nach rechts wie befürchtet

Dank einer deutlich höheren Wahlbeteiligung als beim ersten Wahlgang vor einer Woche, gewinnt der rechtsextreme Front National keine einzige neue Großregion Frankreichs.

Marion Maréchal-Le Pen hat es in der Region PACA ebenso wenig geschafft wie FN-Vize Philippot in Ostfrankreich. Foto: (c) Gauthier Bouchet / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Es war so etwas wie ein „republikanischer Ruck“, der zwischen den beiden Wahlgängen durch Frankreich ging. Angesichts der durchaus realistischen Gefahr, dass der Front National drei Regionen hätte erobern können, mobilisierte sich ein großer Teil der Nichtwähler und stimmt für den jeweils aussichtsreichsten Kandidaten – in allen drei Fällen einen Konservativen. Ein wenig so wie 2002, als ganz Frankreich (88%) Jacques Chirac wählte, um Jean-Marie Le Pen zu verhindern. Und damit rutscht Frankreich ein gutes Stück nach rechts, stoppt aber ab, bevor sich die Rechtsextremen an die Macht bringen.

Wie schön – in allen drei Regionen, in denen man sich Sorgen um den Ausgang dieser Wahl machte, stagnierte der Front National, während sich große Mehrheiten hinter denjenigen sammelten, denen man am ehesten zutraute, den Front National zu überflügeln. Überflügeln, denn in allen drei Regionen lag nach dem ersten Wahlgang ein oder eine Parteigröße vorne.

In den Regionen ACAL (Elsass – Champagne-Ardenne – Lothringen), Nord-Pas-de-Calais-Picardie und PACA (Provence – Alpes – Côte d’Azur), ging die Wahlbeteiligung auf bis zu 59 % hoch, je nach Region eine Steigerung zwischen 10 und 20 % – und damit gewannen die Nichtwähler des ersten Wahlgangs diese Regionalwahlen 2015. Denn in keiner dieser drei Regionen, in denen der FN nach dem ersten Wahlgang noch geführt hatte, konnte er sich am Ende durchsetzen.

In der neuen ostfranzösischen Großregion gewann der Präsident der Region Elsass Philippe Richert dank dieser Mobilisierung der Nichtwähler über 20 % Stimmen dazu (von 25 auf über 47 %), während FN-Parteivize Florian Philippot bei 36,6% ebenso stagniert wie der sozialistische „Dissident“ Jean-Pierre Masseret mit 15,8%.

In der Region Nord-Pas de Calais-Picardie musste Parteichefin Marine Le Pen ebenso eine herbe Niederlage einstecken wie in der Region PACA der jüngste Sproß des Familienunternehmens, Marion Maréchal-Le Pen. In der Region Nord-Pas-de-Calais-Picardie setzte sich die rechte Liste von Xavier Bertrand mit ca. 58% ebenso durch wie in PACA der „Republikaner“, Christian Estrosi mit ca. 55% gegen Marion Maréchal-Le Pen.

Durch den schnellen und mutigen Rückzug mehrerer Listen hat vor allem PS-Generalsekretär Jean-Christophe Cambadélis dafür gesorgt, dass dem Front National keine einzige Region in die Hände gefallen ist.

Beruhigend, dass die französischen Wählerinnen und Wähler die Kurve gekriegt und die nationalistisch angehauchte Europa-, Ausländer- und Schengen-Gegner auf dem Weg nach oben gestoppt haben. Und dies ist in Ostfrankreich auch ein klares Plebiszit für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und europäische Ausrichtung der neuen Großregion.

Angesichts des Rückzugs von 71 sozialistischen Kandidaten von der Liste des „PS-Dissidenten“ Jean-Pierre Masseret, hat die PS viel dazu beigetragen, dass Philippe Richert die neue Großregion leiten wird. Auch die Grünen haben, beispielsweise durch die emotionale Wahlempfehlung ihrer Spitzenkandidatin Sandrine Bellier dazu beigetragen, dass Richert den die Nummer 2 des FN Philippot noch überholen konnte. Ein Grund, einen ähnlich partizipativen Ansatz wie in der Eurometropole Straßburg, wo mit dem Sozialisten Robert Herrmann mehrere Vizepräsidenten der Konservativen eingebunden sind, auch in ACAL einzuführen. Damit würde Richert auch zu erkennen geben, dass er verstanden hat, dass viele seiner Stimmen nicht FÜR ihn, sondern GEGEN Philippot gemeint waren.

Auf jeden Fall ist der Rechtsruck nicht so heftig ausgefallen wie befürchtet und das ist für die ganze Großregion, auch in den Nachbarstaaten, ein positives Signal. Das man mitnehmen sollte in der Start in die neue Großregion am 1. Januar 2016 – in ein paar Tagen schon!

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