Frankreich schafft die Rundfunkgebühren ab

Klasse, könnte man denken, da sparen die Franzosen ein wenig Geld. Doch leider schafft Frankreich damit auch die Pressefreiheit ab und das ist sehr bedenklich.

In Frankreich ersetzt die Regierung Journalismus immer mehr durch "politische Kommunikation" - sehr bedenklich. Foto: Sebaso / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Ah, Frankreich! Das Land der Menschenrechte, der Pressefreiheit, der Demokratie! Aber das war einmal, heute bewegt sich Frankreich immer tiefer in einen autoritären Sumpf, in dem eine stark verunsicherte Regierung alles daran setzt, ihre Landsleute zu kontrollieren und zu manipulieren. Was die Pressefreiheit anbelangt, so ist die Abschaffung der Rundfunkgebühren ein weiterer Schritt hin zu einer gleichgeschalteten Presse und das kann nicht gut sein.

Bereits heute liegt Frankreich in den Rankings zum Thema Pressefreiheit in einem schlappen Mittelfeld. Im Ranking der angesehenen NGO „Reporters sans frontières“ (RSF) liegt Frankreich zum Thema „Pressefreiheit“ auf dem 34. Platz, hinter Uruguay und Ghana. Doch diese Platzierung dürfte sich in den nächsten Jahren noch deutlich verschlechtern, denn das, was die Regierung als „Stärkung der Kaufkraft“ verkauft, ist in Wahrheit das Ende der journalistischen Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Medien. Diese wurden bisher über die Rundfunkgebühren finanziert und erhalten künftig ihre Budgets direkt von der Regierung, wobei diese Budgets über einen kleinen Teil der MwSt.-Einnahmen finanziert werden sollen. Doch damit ist klar, dass die Geldgeber künftig auch Einfluss auf die redaktionellen Inhalte nehmen werden.

Gleichzeitig gehören die 40 größten privaten Medien (TV- und Radiosender und Printmedien) einer Handvoll Milliardäre, die sich den Luxus leisten, massive Verluste vieler dieser Medien hinzunehmen, dafür aber die Instrumente in der Hand zu haben, die Bevölkerung zu manipulieren. Im Grunde ist diese Abschaffung der Rundfunkgebühren auch das Ende der Pressefreiheit, denn kein Sender und kein Medium wird es wagen, sich mit dem Finanzministerium anzulegen, wenn regelmäßig die Budgets verhandelt werden müssen. Die redaktionelle Ausrichtung der öffentlich-rechtlichen Medien wird zukünftig nicht mehr in Redaktionssitzungen, sondern in den Hinterzimmern der Pariser Ministerien festgelegt. Und das ist definitiv kein Fortschritt.

Mit der „Kaufkraft“ hat das nur wenig zu tun. Die Rundfunkgebühren (die in Frankreich regional unterschiedlich hoch sind; in Paris beispielsweise 138 € pro Jahr) werden die Inflation nicht ausgleichen können und die Umstellung des bisherigen Systems wird so viel Geld kosten, dass etwaige finanzielle Überlegungen kaum eine Rolle spielen können.

Es geht vielmehr darum, dass es der aktuellen Regierung unter Macron darum geht, die volle Kontrolle über die Medien zu erhalten, denn nur so ist es möglich, die Stimmungen in der Bevölkerung nach Belieben zu manipulieren. Doch in Frankreich hat man sich offenbar in den letzten 5 Jahren der „Macronie“ daran gewöhnt, die vom Präsidenten betriebene „Ungarisierung“ Frankreichs als eine Art Naturkatastrophe hinzunehmen. Die Folgen des achselzuckenden Hinnehmens jeglicher Enormität dieser Regierung wird Frankreich eines Tages sehr teuer zu stehen kommen.

Die Pressefreiheit ist einer der zentralen Pfeiler einer Demokratie. Seltsamerweise weist auch die französische Politik immer wieder andere Länder auf bestehende Defizite in diesem Bereich hin, während gleichzeitig in Frankreich selbst die Pressefreiheit Stück für Stück abgebaut wird. So wurden bereits in der ersten Amtszeit Macrons einschneidende Maßnahmen zum Abbau der Pressefreiheit gesetzlich verankert. So dürfen Journalisten und Fotografen keine Übergriffe der Polizei (beispielsweise bei Demonstrationen) dokumentieren, wenn sich die übergriffigen Polizisten dadurch „physisch oder psychisch belastet fühlen“ – wer trotzdem Bilder prügelnder Polizisten veröffentlicht, ist mit bis zu 5 Jahren Haft bedroht.

Mit der Abschaffung der Rundfunkgebühren übernimmt die Politik die Steuerung der öffentlich-rechtlichen Medien. Bis zu einem gewissen Punkt war das auch bisher schon der Fall, doch jetzt tut man nicht einmal mehr so, als würden die Medien über Inhalte entscheiden, ab sofort gilt: „Wer zahlt, bestimmt die Musik“.

Die Hoffnungen ruhen nun auf der zweiten gesetzgebenden Kammer, dem Senat, doch ist das Gesetzgebungsverfahren in Frankreich so, dass am Ende eben doch das Parlament entscheidet. Die Entwicklung ist auf jeden Fall besorgniserregend, denn die Gleichschaltung der Presse ist kein gutes Zeichen dafür, was danach kommen wird. Die privaten Medien sind fest in der Hand des großen Kapitals, die öffentlich-rechtlichen Medien rutschen nun unter die völlige Kontrolle der Politik und Frankreich macht den nächsten Schritt hin zu einer „autokratischen Präsidial-Monarchie“. Solche Systeme gibt es momentan in Ländern wie der Türkei oder Ungarn und es ist schwer nachvollziehbar, dass die Franzosen diesen Weg ihrer Regierung fast kommentarlos mitgehen. Schlägt nun die Stunde der kleinen und wirklich unabhängigen Medien? Man darf gespannt sein, wo Frankreich in den Rankings zum Thema Pressefreiheit in den nächsten Jahren landen wird – der Absturz ist vorprogrammiert.

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