Frankreich setzt weiter auf Atomkraft

Mit einer deutsch-französischen Energiewende wird es wohl nichts werden – Frankreich will tatsächlich 14 neue AKWs bauen, obwohl sich in diesem Bereich die Pannen häufen.

Seit 17 Jahren bastelt Frankreich am EPR-Reaktor in Flamanville herum, der noch kein KW Strom geliefert hat... Foto: schoella // Wikimedia Commons / CC-BY 3.0

(KL) – Was will Frankreich eigentlich im Energiesektor? Einerseits will das Land massiv in die Wasserstoff-Nutzung investieren, was auch viel Sinn macht, befinden sich doch einige der weltweit größten grünen Wasserstoff-Vorkommen in Frankreich, doch andererseit präsentiert Energieministerin Agnès Pannier-Runacher jetzt einen Plan, nach dem bis zum Jahr 2026 vierzehn neue Atomkraftwerke mit einer Leistung von 13 Gigawatt gebaut werden sollen. Abgesehen davon, dass dies gar nicht zu schaffen ist, wundert man sich schon, dass der französische Nachbar nicht etwa in seine enormen Wasserstoff-Potentiale, sondern in die Atomkraft investieren will, für die es noch nicht einmal die erforderlichen Endlagerungs-Technologien gibt.

Atomkraft ist sauber und billig. Das mag stimmen, wenn man zwei Bereiche ausklammert – GAUs (die aus unterschiedlichen Gründen passieren können, wie Naturkatastrophen, Kriege oder Terrorismus) und die Endlagerung für eine mindestens fünfstellige Anzahl Jahre, wofür man nicht einmal realistisch die Kosten abschätzen kann. Und selbst der Bau der französischen AKWs ist inzwischen eine lange Geschichte von Pleiten, Pech & Pannen.

Nehmen wir das AKW im normannischen Flamanville, gegen das selbst „Stuttgart 21“ wie eine zügig abgewickelte und finanziell ordentliche Baustelle wirkt. Flamanville soll das erste AKW der Generation der EPR-Reaktoren in Frankreich werden und an diesem AKW bastelt Energieversorger EdF seit geschlagenen 17 Jahren herum, ohne dass dieser Wunder-Reaktor auch nur ein Kilowatt Strom geliefert hätte. Die Kosten für Flamanville sind in dieser Zeit um das Vierfache auf 12,7 Milliarden Euro gestiegen, was bedeutet, dass selbst wenn dieses Monster eines Tages ans Netz gehen sollte, was alles andere als sicher ist, es gar keine Gewinne mehr erwirtschaften kann, selbst wenn man den Kostenblock der Endlagerung gar nicht erst berücksichtigt. Dazu sind sich die Wissenschaftler einig, dass mit den steigenden Meeresspiegeln aufgrund des Klimawandels Regionen wie die von Flamanville bis ungefähr das Jahr 2050 herum unter Wasser stehen werden. Nun soll aber in diesem Jahr ein „Testlauf“ für Flamanville veranstaltet werden und weil das alles so prächtig läuft, will Frau Ministerin Pannier-Runacher bis 2026 gleich 14 von diesen Dingern bauen. Das Ganze folgt einer Logik, die sich einem nicht so richtig erschließen will.

Zwar versteht man, wenn Frau Ministerin erklärt, dass der Krieg in der Ukraine deutlich gezeigt habe, dass man sich energietechnisch unabhängig machen muss, doch steht die Frage im Raum, wie viele Pannenreaktoren wie Flamanville sich Frankreich leisten kann und will und ob es nicht besser wäre, dieses Geld in die wesentlich vielversprechendere Wasserstoff-Kraft zu stecken. Beides natürlich, hört man in Paris und es ist beeindruckend, welchen Druck die Atomlobby in Paris ausüben kann, nachdem diese Lobby bereits auf der COP28 in Dubai omnipräsent war und das gute Wort von der sauberen und sicheren Atomkraft predigte. Aber auch in Dubai war das Thema „Endlagerung“ kein Thema, denn das stört ja nur.

Somit wird man auch ein Kreuz über den Plänen eines „Europas der Energie“ machen können, denn Deutschland, wo seit letztem Jahr alle AKWs abgeschaltet sind, wird keinen Schwenk zurück ins Atomzeitalter machen, schon gar nicht zu einem Zeitpunkt, zu dem gut die Hälfte des deutschen Stromverbrauchs aus Erneuerbaren Energien stammt. Doch wenn sich bereits Frankreich und Deutschland nicht auf eine gemeinsame Energie-Strategie einigen können, dann ist die Vorstellung, dass man 27 europäische Länder auf einen gemeinsamen Energie-Nenner bringen kann, geradezu abenteuerlich. Zumal ja auch Länder wie Ungarn weiter auf russisches Gas setzen, in Belgien 85 % des aus Russland über Umwege gelieferten Öls weitergeleitet werden und eben jeder sein eigenes Energie-Süppchen kocht.

Auf diejenigen, die heute vollmundig ihre Kandidatur für die Europawahl am 9. Juni 2024 verkünden, kommen schwierige Erklärungen zu. Vor allem diejenige, wofür man eine EU braucht, die aufgrund ihres internen Regelwerks nicht in der Lage ist, eine europäische Position zu irgendeinem wichtigen Thema zu entwickeln, es sei denn, es geht um das Verbot der Holzschachteln, in denen französischer Camembert verkauft wird. Wer immer von einem „Europa der Energie“ träumt – vergessen Sie’s. Das wird es nämlich nicht geben.

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