Frankreich taumelt dem Rechtsextremismus in die Arme

Die Umfragen vor den Regional- und Departementswahlen im Juni in Frankreich sind beunruhigend. Mehrere Regionen könnten in die Hände der Rechtsextremen fallen.

Noch sieht man in Frankreich solche Anti-Le-Pen-Plakate. Noch. Foto: Celette / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – … und hinterher will’s niemand gewesen sein… Die Alarmglocken läuten in Frankreich, denn kurz vor den Regional- und Departementswahlen zeigen mehrere Umfragen, dass einige der 13 französischen Regionen künftig von Vertretern des Rassemblement National (ex-Front National) geführt werden könnten. Dazu kommen inzwischen mehrere Aufrufe aus den Kreisen des Militärs, die das Schreckensgespenst eines Bürgerkriegs herauf beschwören. Wenn Frankreich nicht aufpasst, rutscht das Land im Frühsommer gefährlich nach rechtsaußen.

Aber was bedeutet das? Hängen die Franzosen inzwischen mehrheitlich rechtsextremem Gedankengut an? Nein, das ist definitiv nicht der Fall. Doch die Franzosen sind müde vom Experiment der „La République en Marche“ des Präsidenten Emmanuel Macron, dessen Versuch, in Frankreich eine Art „digitalen Totalitarismus“ einzuführen ebenso schlecht bei den Wählern ankommt wie die Zerstrittenheit der „linken“ Parteien, die sich traditionell in Wahlkämpfen gegenseitig um die Frage zerfleischen, wer denn nun die einzig wahre und seligmachende Doktrin vertritt. Den politischen Gegner, nämlich die rechtsextremen Kräfte, greifen die „linken“ Parteien schon lange nicht mehr an, dazu sind sie viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt und dabei merken sie schon gar nicht mehr, dass ihnen die Wählerschaft längst die Gefolgschaft gekündigt hat.

Die Gefahr eines extremen Rechtsrutsches ist gegeben. - Zwar sind die französischen Rechtsextremen nicht ganz so radikal wie die deutschen Rechtsextremen, die speziell in den neuen Bundesländern Angst und Schrecken auf der Straße verbreiten, aber man sollte sich nicht täuschen lassen. Parteichefin Marine le Pen hat seit 2017 alles daran gesetzt, das Rassemblement National „hoffähig“ zu machen. Dazu diente vor allem die Umbenennung der Partei, weg vom martialischen „Front national“, hin zum viel netter klingenden „Rassemblement national“. Doch es handelt sich nach wie vor um die gleiche, europafeindliche, ausländerfeindliche, gegen fast alles feindliche Partei.

Dass die Rechtsextremen in Frankreich gerade derartig Rückenwind haben, liegt nicht etwa an ihrer „Stärke“, sondern zu gleichen Teilen an der Implosion der ehemaligen Volksparteien PS, LR und UDI und an der Unfähigkeit der aktuellen Regierung, die Strömungen in der französischen Gesellschaft richtig zu interpretieren. Der Jahrzehnte lange Wechsel zwischen „rechts“ und „links“, der am Ende dazu führte, dass die beiden großen Blöcke verwechselbar wurden, hat zur Implosion von PS und LR geführt und das, was die Regierung von Präsident Macron seit ihrer Wahl 2017 veranstaltet, ist Amateurismus in Reinkultur. Mangels echter Alternativen zieht es nun immer mehr Wähler nach rechtsaußen, mit der gefährlichen Aussage „viel schlechter als die anderen können es die Rechtsextremen auch nicht machen. Probieren wir’s halt mal.“

Die große französische Journalistin Françoise Giroud schrieb einmal: „So beginnt also der Faschismus. Er sagt niemals seinen Namen, er kriecht, er lässt sich treiben und wenn er sein Gesicht zeigt, dann sagt man: Ist er es wirklich? Glauben Sie? Man sollte doch nicht gleich übertreiben. Und dann, eines Tages, bekommt man ihn ins Gesicht und dann ist es zu spät, ihn wieder loszuwerden.“

Und könnten die Grünen Frankreich vor dieser Entwicklung schützen? - Auch das dürfte nicht klappen, denn nicht nur, dass die Grünen (EELV) in Frankreich auf nationaler Ebene keine große Rolle spielen, dazu kommt, dass sie seit ihrem Wahlerfolg bei den Kommunalwahlen 2020, als sie 6 der 10 größten Rathäuser Frankreichs erobern konnten, fast überall die Bevölkerungen gegen sich aufgebracht haben, da sie es einfach nicht schaffen, selbst sinnvolle Entscheidungen offen und transparent zu kommunizieren. Doch aus dem Elfenbeinturm heraus gewinnt man keine Wahlen.

In Deutschland haben wir das schon einmal erlebt, diesen schleichenden Prozess, dieses „na ja, sooo schlimm sind die nun auch wieder nicht“ und danach folgte ein 12 Jahre dauerndes 1000jähriges Reich. Wenn sich die Rechtsextremen in Frankreich nun tatsächlich in wichtigen politischen Positionen festsetzen können, dann schlägt das Land einen extrem gefährlichen Weg ein. Und sollten die Rechtsextremen bei dieser Wahl erfolgreich abschneiden, dann kann einem für das Superwahljahr 2022 in Frankreich angst und bange werden.

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