Frankreich verlängert die Ausgangssperre

Es war keine große Überraschung, als gestern Premierminister Edouard Philippe die Verlängerung der Ausgangssperre und anderer Maßnahmen bis zunächst den 15. April verkündete.

Im Grunde hatten alle damit gerechnet - die Ausgangssperre wird zunächst bis 15. April verlängert. Foto: ScS EJ

(KL) – Frankreich und speziell die Region Ostfrankreich (Grand Est) befindet sich gerade mitten in einer Schubphase in der Verbreitung des SARS-CoV-2 – dass da die Regierung nicht einfach die sehr scharfen Quarantäne-Maßnahmen aufheben kann, war klar. Diese Vermutung hatten wir bereits nach der Verkündung der ersten Ausgangssperre geäußert, da es mehr als unwahrscheinlich war, dass man dieses tückische Virus innerhalb von nur zwei Wochen besiegen kann. Verständlich, dass Präsident Macron damals die bittere Pille „häppchenweise“ verabreichen wollte, statt gleich den Holzhammer herauszuholen.

Nachdem am vorletzten Dienstag die Ausgangssperre in Kraft gesetzt wurde, musste diese bereits nach wenigen Tagen ein erstes Mal verschärft werden, da sich zu viele Menschen nicht daran hielten. Eine solche, noch nie da gewesene Maßnahme, mit der innerhalb von nur 24 Stunden praktisch das ganze öffentliche Leben heruntergefahren wird, musste sich auch erst einmal einspielen. Es lief ein wenig wie bei der obligatorischen Einführung des Sicherheitsgurts in Autos in den 70er Jahren – am Anfang hielt sich niemand daran und als die Polizei dann anfing zu kontrollieren und Strafen auszusprechen, legten alle brav den Gurt an. Rund 100.000 Strafzettel über 135 € wegen der Übertretung der Ausgangsverbote werden diese nun auch immer mehr eingehalten.

Problematisch ist die Situation in den „Cités“, den grauen Hochhaussiedlungen in der Peripherie der großen Städte, von denen sich einige zu rechtsfreien Räumen entwickelt haben, in denen abends die Jugendlichen unterwegs sind, als ob es keine Ausgangssperre gäbe und sich die Polizei nicht traut, hier aktiv zu werden. Angesichts permanenter gewalttätiger Auseinandersetzungen und sogar Angriffen auf Feuerwehr und Rettungskräfte steht die Regierung hier vor einem riesigen Problem. Die landesweiten Maßnahmen werden nicht die gewünschte Wirkung erzielen, wenn sich ein ganzer Teil der Bevölkerung nicht an sie hält, sondern es als „revolutionären Akt“ empfindet, diese ganz bewusst zu übertreten. Hier wird die Regierung schnell Lösungen finden müssen, doch wie diese Lösungen aussehen sollten, das steht in den Sternen.

Nun gilt also die streng kontrollierte Ausgangssperre bis nach Ostern, wobei Edouard Philippe bereits ankündigte, dass sie wahrscheinlich um weitere zwei Wochen verlängert werden muss, da eben die Corona-Krise gerade in einen Höhepunkt einschwenkt. Dass Dauer und Ende dieser Ausgangssperre keine politische, sondern eine wissenschaftliche Frage sind, ist klar. Deswegen wird diese Ausgangssperre auch so lange weitergeführt werden, bis das Virus tatsächlich im Griff ist – wie lange das dauern wird, kann zum aktuellen Zeitpunkt niemand sagen.

Auf die Franzosen, ebenso wie viele andere Völker der Welt, kommt eine enorm belastende Phase zu. Bereits die ersten 11 Tage des daheim-eingesperrt-Seins sind schwer zu ertragen, in vielen Departements verzeichnen die Behörden einen Anstieg der häuslichen Gewalt, während viele alleine „Konfinierte“ Depressionen ausgesetzt sind.

Bislang funktioniert noch alles, es gibt Wasser, Heizung, Strom und Internet (das aufgrund der hohen Belastung durch Telearbeit und Dauerbetrieb von Fernsehern und anderen Geräten spürbar langsamer wird), die Versorgung mit Lebensmitteln und anderen Produkten des täglichen Bedarfs funktioniert, doch ist das eine Momentaufnahme nach 11 Tagen Lähmung des Landes.

Allerdings ist schwer nachzuvollziehen, warum die Maßnahmen in den europäischen Ländern so unterschiedlich sind. Während man in Deutschland bereits auf das Ende der Kontaktsperre schielt, Großbritannien und die Niederlande auf die „Herden-Immunität setzen“ und Ausgangssperren möglichst vermeiden wollen, setzt Frankreich eben auf das „Konfinement“. Selten wurde das Fehlen einer echten europäischen Integration deutlicher als während dieser Krise.

Na dann – richten wir uns also auf eine lange, lange Zeit der Isolation ein, in der Hoffnung, dass damit das SARS-CoV-2 besiegt werden kann. Dann hätte es sich wenigstens gelohnt.

2 Kommentare zu Frankreich verlängert die Ausgangssperre

  1. LIEBER KAI LITTMANN. Wir befinden uns in unserem Land… IM ELSASS (und nicht in Deiner “Pseudo-Region Ostfrankreich (Grand Est)”. Besten Dank für Dein Verständnis. Elsässische Grüsse “iwwer dr Rhi ins Schwobeländle üssse”.

    • Eurojournalist(e) // 28. März 2020 um 13:49 // Antworten

      Ach Toni, ich befinde mich im Elsass, am Oberrhein und administrativ bis zum Beweis des Gegenteils in der Region Grand Est. Und so, wie die Dinge gerade sind, möchte ich gerne Deine Sorgen haben…

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