Frankreich wird sich mit dem Thema der Migration beschäftigen

Zwei Jahre lang war er der „Präsident der Reichen“, will Emmanuel Macron nun ein „linker Präsident“ werden? Das werden wir im Rahmen der Debatte um die Migration sehen.

Emmanuel Macron will sich nun um die Frage der Migration kümmern. Aber wohl weniger um die Migranten. Foto: Jacques Paquier / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – „Wir können nicht vor der Frage der Migration den Kopf in den Sand stecken“, erklärte Emmanuel Macron vor rund 200 seiner Abgeordneten. Dabei geht es allerdings nicht nur um die Frage der Migration, sondern auch und vor allem um die innenpolitische Lage. „Es sind die sozial schwächeren Bevölkerungsschichten, die mit dieser Frage konfrontiert sind und sich dann zu den Rechtsextremen wenden“, sagte der französische Präsident. Angesichts der Umfragewerte nach den ersten beiden Amtsjahren wäre das nicht ungefährlich für ihn, denn angesichts der fast im ganzen Land spürbaren Unzufriedenheit ist die Möglichkeit, dass sich die Franzosen bei den nächsten Wahlen 2022 in die Hände des rechtsextremen „Rassemblement National“ begeben, alles andere als theoretisch.

Am 30. September und am 2. Oktober werden sich die Nationalversammlung und der Senat mit dieser Frage beschäftigen und Macron warnte seine Parteifreunde, „sich nicht wie eine bürgerliche Partei zu benehmen“. Denn die Rechtsextremen lauern nur auf diese Debatte, denn in Frankreich ist die Anzahl der Asylbewerber, anders als in anderen europäischen Ländern, nicht etwa rückläufig, sondern sie steigt sogar an. Waren es 2017 noch 100.000 Asylbewerber, stieg die Zahl 2018 auf 120.000 und man schätzt, dass es dieses Jahr mehr als 130.000 werden.

Doch bei der nun anstehenden Debatte geht es nicht darum, wie die Lebenssituation von Asylbewerbern in Frankreich verbessert werden, sondern darum, wie man in diesem Bereich Geld sparen kann. So sollen die Sozialleistungen für Asylbewerber (ADA), die bislang im Haushalt mit rund einer halben Milliarde Euro stehen, gekürzt werden und es sind auch Einschnitte in der medizinischen Versorgung (AME), Haushaltsposten von rund einer Milliarde Euro, für Personen mit unklarem Aufenthaltsstatus vorgesehen. Hintergrund ist es, dass damit die „Attraktivität“ Frankreichs für Asylbewerber gesenkt werden soll – damit diese eben woanders Asyl beantragen. Diese geplanten Maßnahmen sind allerdings nur schwer als „links“ und „nicht bürgerlich“ einzuordnen, sondern im Gegenteil, damit macht Emmanuel Macron den Rechtsextremen sehr direkt Konkurrenz. Mit einem zweifachen Ziel – den sozial schwachen Schichten den Grund zu entziehen, für Marine Le Pen zu stimmen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass weniger Asylbewerber nach Frankreich kommen und Geld kosten, ist das sogar eine ziemlich “rechte” Politik.

„Die Linken haben sich Jahrzehnte lang nicht mit diesem Problem auseinandersetzen wollen und deshalb sind die Arbeiterklassen zu den Rechtsextremen abgewandert“, verkürzte es Macron auf eine etwas seltsame Weise, um schnell hinterher zu schieben, „Frankreich war immer schon ein Einwanderungsland“.

Dabei ist verständlich, dass Emmanuel Macron im Vorwahlkampf seinen Gegner klar benennt: „Vor Ort haben wir nur einen Gegner – das Rassemblement National. Wir müssen uns hier klar abgrenzen, denn die Franzosen haben das so gewollt. Es gibt nur zwei Projekte: Das der Angst und des Rückzugs und eines der offenen und trotzdem nicht naiven Lösung“.

Es geht also nicht um die Migranten, es geht darum, Pflöcke für die kommenden Wahlkämpfe einzuschlagen. Indem er sich der Sorgen des „kleinen Mannes“ annimmt, will der französische Präsident allerdings nicht zu einem „linken Präsidenten“ werden, sondern er begibt sich auf das glitschige Terrain des ausländerfeindlichen Rechtsextremismus. Aber ob das die Franzosen auf diesem Terrain dazu motiviert, eine „Kopie“ statt des „Originals“ zu wählen, ist fraglich.

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