Frankreichs Linke liefert ein trauriges Schauspiel ab…

Während die linken Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen 2022 unter „ferner liefen“ unterwegs sind, soll es nun die frühere Justizministerin Christiane Taubira richten.

Nun soll die frühere Justizministerin Christiane Taubira die französische Linke einen. Das wird aber nicht klappen... Foto: ActuaLitté / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Die Präsidentschaftswahl 2022 wird sich in Frankreich zwischen Amtsinhaber Emmanuel Macron und einem Kandidaten aus dem rechtsextremen und/oder autoritären Lager entscheiden. Gegen Macron, der in den Umfragen auch nicht über 25 % hinauskommt, treten der Populist Eric Zemmour, die Rechtsextreme Marine Le Pen und die konservative Valérie Pécresse an, die mit ihren strammen Aussagen momentan in erster Linie versucht, Wählerstimmen am äußerst rechten Rand abzugreifen. In diesem Rennen zwischen autoritären Extremisten ist für linke Kandidaten kein Platz, zumal es die verschiedenen linken Gruppierungen wie immer verpasst haben, sich gemeinsam gegen einen gemeinsamen politischen Gegner aufzustellen. Und auch jetzt wird das nicht mehr klappen.

Christiane Taubira soll es nun richten. Doch vier Monate vor dem ersten Wahlgang fehlt es Taubira daran, was auch allen anderen linken Kandidaten fehlt – einem echten, vermittelbaren, politischen Programm. „Wählt uns, sonst bekommt ihr die anderen“ reicht als Programm einfach nicht aus und die erste Umfrage, bei der Christiane Taubira in der Kandidatenliste auftauchte, wies die „neue“ Kandidatin mit 2 % der Stimmen nicht gerade als eine Hoffnungsträgerin aus.

Dass die sozialistische Kandidatin Anne Hidalgo momentan zwischen 3 und 5 % der Stimmen oszilliert, ist offenbar kein ausreichender Grund, diese Kandidatur zurückzuziehen. Aber was ist das für eine Politiker-Generation, die einfach ignoriert, dass 95 – 97 % der Franzosen sie nicht an der Spitze des Landes sehen wollen?

Bleiben noch die Kandidaten Jean-Luc Mélenchon, der durchaus für ein „linkes Wahlbündnis“ zu haben wäre, allerdings natürlich unter der Voraussetzung, dass er und niemand anderes der Spitzenkandidat wäre. Da aber niemand so richtig mit seiner linksextremen „France Insoumise“ kooperieren will, wird es auch ein solches Wahlbündnis nicht geben.

Der grüne Kandidat Yannick Jadot ist ohnehin nicht im „linken“ Parteispektrum zu verorten. Ähnlich wie die Grünen in Deutschland sind die französischen Grünen nicht links und nicht rechts, kooperieren je nach Interessenslage mit den einen oder anderen und streben, wie in Deutschland, nach macht. Nachdem sie bei den Kommunalwahlen die Bürgermeistersessel in 6 der 10 größten französischen Städte gewonnen haben, streben sie nun nach Höherem. Und das nicht unbedingt in einer Zusammenarbeit mit anderen „linken“ Gruppen, die allesamt auf einem absteigenden Ast sind. Zu einem Zeitpunkt, zu dem sich die von zwei Jahren der Krise verunsicherten Franzosen eine autoritäre Führung wünschen, haben die Linken einfach keine Chance.

Auch Christiane Taubira nicht. Ebenso wie Emmanuel Macron kokettiert sie damit, keineswegs offiziell Kandidatin zu sein, doch diese taktischen Manöver interessieren in Frankreich außer den handelnden Personen niemanden.

Gewinner im Superwahljahr 2022 werden die Nichtwähler sein, sowohl bei der Präsidentschaftswahl, als auch bei der unmittelbar danach stattfindenden Parlamentswahl. Doch die Frage der demokratischen Legitimität der dann Gewählten interessiert nur die Verlierer der Wahlen, während sich die Gewinner freuen werden, sich ihre Posten gesichert zu haben.

Und auch am völlig veralteten und weitgehend undemokratischen Wahlsystem wird sich in Frankreich nichts ändern, schon gar nicht, so lange es den Interessen derjenigen dient, die gerade am Drücker sind. Dass dieses Wahlsystem zu den Gründen gehört, warum viele Franzosen nicht mehr wählen gehen, ist den Kandidaten herzlich egal. Wer mit weniger als 10 % der Stimmen der Wahlberechtigten gewählt wird, dem ist es am Ende egal, dass 90 % nicht für ihn (oder sie) gestimmt haben.

Das politische Frankreich und die V. Republik sind am Ende, doch so lange dieses System die Mächtigen an der Macht hält, ist das egal. Frankreich wird wohl erst dann anfangen, sich zu modernisieren, wenn die Gewalt auf der Straße die Regierung dazu zwingen wird. Bis dahin werden die Franzosen wohl mit den Kandidaten und Kandidatinnen leben müssen, die sie nicht verhindert haben. So lange, bis es richtig kracht.

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