Frédéric Bierry ist sauer… und Recht hat er!

In einem Schreiben an den Präsidenten des Europäischen Parlaments David-Maria Sassoli ärgert sich der Präsident der CEA Frédéric Bierry, dass die Sitzungen des Europarats in Straßburg stattfinden, nicht aber die des Parlaments.

"Wenn der Europarat in Strassburg tagen kann, warum dann nicht auch das Europäische Parlament?" Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Diese Woche fand in Straßburg die erste Sitzung 2021 der Parlamentarischen Vollversammlung des Europarats statt. Die Abgeordneten konnten vor Ort teilnehmen oder sich per Video dazu schalten. Selbst die Presse war zugelassen. Alle, die ins Gebäude wollten, mussten sich vor dem Eingang testen lassen. Normal, wir sind im Januar 2021 und mitten in der Covid-Krise. Aber dennoch fiel es vielen Beobachtern auf, dass es möglich war, eine Sitzungswoche mit Abgeordneten aus vielen europäischen Ländern durchzuführen, während das Europäische Parlament nach wie vor schulterzuckend und mit Krokodilstränen bedauert, dass es momentan nicht möglich sei, in Straßburg zu tagen. Ganz offensichtlich nutzen die Straßburg-Gegner in Brüssel die Gelegenheit, den Parlamentssitz Straßburg weiter zu untergraben. Grund genug für den Präsidenten der neuen „Collectivité Européenne d’Alsace – CEA“ Frédéric Bierry, dem Präsidenten des Europäischen Parlaments einen gesalzenen Brief zu schreiben…

In diplomatischen Worten weist Bierry den Präsidenten des Europäischen Parlaments David-Maria Sassoli darauf hin, dass gerade eine Sitzungswoche der Parlamentarischen Versammlung des Europarats in Straßburg stattgefunden hat, nachdem die letzten drei Sitzungswochen ebenfalls annulliert worden waren. „Dies beweist“, schreibt Bierry, „dass parlamentarische Sitzungen in Straßburg auch während der Covid-19-Pandemie stattfinden können. So stellt sich erneut die Frage: Warum kann es das Europäische Parlament nicht genauso machen wie der Europarat? Warum kommen die Europaabgeordneten nach einem Jahr der Abwesenheit nicht ebenfalls zurück nach Straßburg?“

An der Sitzungswoche der Parlamentarischen Vollversammlung in der letzten Woche nahm rund ein Drittel der Abgeordneten aus 47 Ländern persönlich und unter Einhaltung striktester sanitärer Vorgaben teil, der Rest war per Video zugeschaltet. Und Frédéric Bierry legt noch einen nach: „Der Europarat zählt, wie Sie wissen, 20 Mitgliedsstaaten mehr als das Europäische Parlament, was die Probleme im Zusammenhang mit Covid-19 weiter erschwert. Doch wenn der Europarat mit seinen 47 Mitgliedsstaaten nach Straßburg zurückkehren konnte, warum schafft es dann das Europäische Parlament mit seinen 27 Mitgliedern nicht?“

Außer dem Willen einer Mehrheit der Europaabgeordneten, die aus Gründen der Bequemlichkeit und des (momentan auch nicht stattfindenden) spannenderen Nachtlebens lieber in Brüssel tagen, wo auch der Kontakt zu den rund 30.000 dort ansässigen Lobbyisten mit ihren netten Geschenken deutlich einfacher ist, gibt es keinen wirklichen Grund, warum das Europäische Parlament seine Hybrid-Sitzungen weiter in Brüssel veranstaltet, statt diese in Straßburg zu organisieren. Dass Frédéric Bierry nun die schleichende Abwanderung des Parlaments nach Brüssel laut kritisiert und darauf verweist, dass Sassoli sich am 15. Dezember 2020 selbst in Straßburg davon überzeugen konnte, dass solche Sitzungen genauso gut in Straßburg organisiert werden können, ist absolut richtig. Als Präsident einer Struktur, die „Collectivité Européenne d’Alsace“ heißt, ist es sogar Bierrys Aufgabe, sich derart zu manifestieren. Denn wenn Sassoli und seine Kollegen nicht langsam umdenken, müsste dieser Zusammenschluss der Departements-Verwaltungen des Haut-Rhin und des Bas-Rhin demnächst seinen Namen ändern – in „Collectivité d’Alsace“. Denn mit Europa ist dann irgendwann nicht mehr viel in einer der drei Europahauptstädte.

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