Friedrich Merz will Donald Trump spielen
Nach dem schrecklichen Messerattentat von Aschaffenburg will Friedrich Merz „Schengen“ abschaffen und die gleiche Politik wie Donald Trump in Deutschland führen.

(KL) – Wer braucht noch die AfD, wenn er die CDU von Friedrich Merz haben kann? Die Art und Weise, in der Merz die Migrationsfrage angehen will, ähnelt stark der Politik von Donald Trump und das politische „Ausschlachten“ des tödlichen Messerangriffs von Aschaffenburg ist widerlich. Versagt hat im Fall Aschaffenburg nicht etwa das Grenz-System, sondern die Behörden, die den Täter trotz drei Festnahmen wegen Gewalttaten und eindeutigen Hinweisen auf seine Gefährlichkeit immer wieder auf freien Fuß setzten. Aber für Merz ist dies eine Gelegenheit, „Schengen“ endgültig abzuschaffen und sich einen Monat vor der Wahl am 23. Februar als „Mr. Law-and-Order“ zu präsentieren.
So will Merz, falls er denn erwartungsgemäß zum Bundeskanzler gewählt wird, das Innenministerium „per Richtlinienkompetenz“ anweisen, „die Staatsgrenzen zu allen Nachbarstaaten dauerhaft zu kontrollieren“. Und natürlich jeden Einreiseversuch von Flüchtlingen und Migranten sofort zurückzuweisen, „ausdrücklich auch von Personen mit Schutzstatus“. Das ist starker Tobak, denn mit einer solchen Anweisung beendet Merz nicht nur die Personenfreizügigkeit in Europa, sondern höhlt auch das Asylgesetz aus. Wer eine Person mit Schutzstatus, also aus einem unsicheren Land, an der Grenze zurückweist, verhält sich so wie die Schweiz während der Nazizeit, als die dortigen Grenzer regelrecht Jagd auf jüdische Flüchtlinge machten und diese dann an die Nazi-Behörden übergaben, was einem Todesurteil gleichkam.
Und, frei nach dem Vorbild von Donald Trump, will Merz massenweise „Abschiebezentren“ einrichten, um dort Personen ohne gültigen Aufenthaltstitel zusammenzupferchen, bis man sie abschieben kann. Und so entstehen im Jahr 2025 in Deutschland und den USA Dinge, die man nach dem II. Weltkrieg für überwunden gehalten hatte – Konzentrationslager. Denn die Festnahme von Migranten ohne Aufenthaltstitel wird massenhaft erfolgen und da Abschiebungen deutlich langsamer erfolgen können als die Festnahmen, werden diese Lager schnell überfüllt sein. Und gleichzeitig schafft es Merz, die falsche Gleichung „Migrant = Krimineller“ in den Köpfen der Menschen zu verankern, was allerdings eher der AfD als der CDU Wählerstimmen bringen dürfte.
Dauerhafte und nicht mehr zeitlich begrenzte Kontrollen an allen deutschen Grenzen, das ist das endgültige Ende von „Schengen“, dem europäischen Raum der Personen- und Warenfreizügigkeit, eine der wenigen echten Errungenschaften für die Bürgerinnen und Bürger Europas. Stattdessen installiert man Ausländerhass und Rassismus in einem Europa, das gerade ohnehin immer weiter in Richtung Rechtsextrem und Neonationalismus abdriftet und wohin das führt, sollte man in Deutschland besser wissen als anderswo.
Der Täter von Aschaffenburg, ein Afghane, der bei seinem fürchterlichen Messerangriff ein 2jähriges Mädchen und einen mutigen Passanten tötete, der den Täter von der Tat abhalten wollte, war bereits dreimal wegen Gewalttaten festgenommen und in psychiatrischen Einrichtungen aufgenommen worden. Insofern hätte auch die Abschaffung von „Schengen“ seine schreckliche Tat nicht verhindern können – die Verantwortlichen, die diesen Gewalttäter wieder auf freien Fuß gesetzt haben, tragen eher einen Teil der Verantwortung als ein Grenz- und Asylsystem, das nun deutlich verschärft werden soll.
Doch wird die dauerhafte Abschaffung von „Schengen“ nicht die Sicherheit im Land erhöhen und solche Taten verhindern können. Der Trend zur Abschaffung individueller Freiheiten, wie man es nicht nur in Deutschland, sondern in vielen europäischen Staaten beobachtet, ist der Auftakt zum Ende eines geeinten Europas, in dem Terrorismus und Verbrechen trotzdem weiter grassieren werden. Die nationale Abschottung dürfte ganz nach dem Geschmack der Rechtsextremisten und Ultranationalisten sein, doch perspektivisch ist sie Gift für ein positives, weltoffenes Europa, das langsam nur noch auf dem Papier existiert.
Doch wer institutionalisierten Fremdenhass gut findet, der wird wohl eher die AfD als die CDU wählen, was Friedrich Merz zu einer Art Wahlhelfer der AfD macht. Ob ihm seine AfD-Kompatibilität wirklich weiterhilft, muss man abwarten.
Dabei liegen seit Jahren sinnvolle Vorschläge auf dem europäischen Tisch, wie man die Migrationsfrage besser als durch strammen Ausländerhass angehen kann. So wird seit mindestens 15 Jahren auf europäischer Ebene die Möglichkeit diskutiert, Asylzentren außerhalb der europäischen Grenzen einzurichten, was ermöglichen würde, dass Asylanträge bereits vor einer Einreise nach Europa geprüft und entschieden werden könnten, was wiederum Flüchtlingen die lebensgefährliche Überfahrt über das Mittelmeer ersparen würde. Geredet wird viel, gemacht wird nichts. Da ist es einfacher, War Lords und Despoten riesige Geldgeschenke zu machen, damit diese Flüchtlinge davon abhalten, die Überfahrt nach Europa zu wagen. Nur das, was Sinn machen würde, tut man nicht.
Bei Merz’ Plänen muss man auf das Kleingedruckte achten. Wurde letztes Jahr „Schengen“ bereits während der EURO2024 in Deutschland und den Olympischen Spielen in Frankreich temporär außer Kraft gesetzt, soll „Schengen“ unter Merz dauerhaft außer Kraft gesetzt werden. Dass dies eindeutig ein Verstoß gegen ein gültiges Abkommen ist, das kümmert Friedrich Merz ebenso wenig, wie Ursula von der Leyen die Proteste der Bauern gegen das Freihandelsabkommen „Mercosur“ gekümmert hatten, als sie dieses Abkommen ohne Mandat hierfür einfach unterzeichnete.
Der politische Wind hat sich gedreht und heute achten selbst die früheren Volksparteien, die diese Bezeichnung schon lange nicht mehr verdienen, darauf, dass ihre Politik mit den rechtsextremen Strömungen in ganz Europa kompatibel sind. Doch kann man Rechtsextremismus nicht dadurch bekämpfen, dass man sich selbst rechtsextremer als die Rechtsextremen verhält. Die europäischen Politiker sollten sich hüten, ihre Politik nach dem Beispiel von Donald Trump auszurichten. Denn das wäre ein Irrweg, den wir alles sehr teuer bezahlen werden.
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