Für ein Berufsverbot für verantwortungslose Verantwortliche

Kennen Sie die konservative französische Abgeordnete Chantal Brunel (UMP)? Nein? Nicht schlimm, denn diese Dame sollte man am besten gleich wieder vergessen.

Diese Dame würde Flüchtlinge qauf dem Mittelmeer am liebsten mit dem gleichen Boot wieder zurückschicken. Foto: fondapol / Flickr IMG 3773 / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Chantal Brunel gehört zu den Menschen, denen es im Leben einfach prächtig geht. Toller Job (Abgeordnete in der Nationalversammlung, Bürgermeisterin von Bussy-Saint-Georges), jede Menge Kohle, Dienstwagen, teure Klamotten, alles klasse. Ein Leben weit weg von den Realitäten von Menschen, die auf der Flucht vor Hunger, Krieg und Terror sind. Aus dieser wunderbaren Lebenssituation heraus kann man auch schon mal Vorschläge machen, wie man das Flüchtlingsproblem im Mittelmeer lösen könnte: „Man sollte diese Leute wieder in ihre Boote setzen“, meint Chantal Brunel und will Flüchtlinge also wieder in ihren Nussschalen zurück nach Afrika schicken.

Dieser unglaubliche Vorschlag der früheren Parteisprecherin stammt zwar aus der Zeit vor den letzten Departementswahlen, zeigt aber, welcher Geist in politischen Parteien herrschen kann. Um den rechtsextremen politischen Gegner auszustechen, nimmt man selbst Positionen ein, die noch weiter rechts als die der Rechtsextremen selbst sind. „Die Zeit ist gekommen, in der man nicht mehr reden, sondern Entscheidungen treffen muss“, schwadronierte die Dame, „Marine Le Pen hat keine Lösungen anzubieten. Wir müssen zeigen, dass wir die Lösungen haben. Wir müssen die Sicherheit in Frankreich sicherstellen und die Franzosen beruhigen.“ Die Sicherheit in Frankreich sicherstellen, indem man Flüchtlinge wieder in ihre Boote setzt und in den Tod schickt?

Die Reaktionen der europäischen Politiker auf die Dramen vom Wochenende im Mittelmeer sind aber im Grunde nicht weniger zynisch. Denn die zu Markte getragene Betroffenheit klingt so, als würde die Politik das Problem gerade erst entdecken, obwohl seit Jahren Zehntausende Menschen bei dem Versuch das Mittelmeer zu überqueren, ihr Leben gelassen haben. Pessimistische Schätzungen gehen gar von Hunderttausenden aus. Was die europäischen Politiker nicht davon abhielt, das Programm „Mare Nostrum“ einzustellen, wissend, dass dies Tausende Flüchtlinge zum Tode verurteilen würde.

Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag vor die Presse tritt und beteuert, man wolle nun alles tun, damit keine Menschen mehr vor den Grenzen der EU ertrinken, dann muss die Frage gestattet sein, warum sie das erst jetzt tun will. Weil die Weltöffentlichkeit durch das letzte Wochenende aufgerüttelt wurde? Wer hat denn beschlossen, das Menschen rettende Programm „Mare Nostrum“ durch das nur die Grenzen abriegelnde „Triton“ zu ersetzen? Dieser Beschluss vom Oktober 2014 wurde von Politikern getroffen, die das Programm „Mare Nostrum“ nicht mehr finanzieren wollten und die jetzt ihre tiefe Betroffenheit vor der Kamera ausdrücken.

Die seit Wochenbeginn vor allem in Deutschland heftig diskutierte Idee, Lager in Nordafrika einzurichten und dort eine Selektion durchzuführen, wer nach Europa darf und wer in die Hölle zurückgeschickt wird, hat etwas typisch Deutsches und ist keinen Deut besser als der Vorschlag von Chantal Brunel. Gerade Deutsche sollten zweimal überlegen, bevor sie auf fremdem Staatsgebiet Lager einrichten, in denen Beamte eine Selektion durchführen und über Leben und Tod von Menschen entscheiden.

Der von Innenminister Thomas de Maizière geäußerte Plan, man wolle schnellstmöglich „Libyen stabilisieren“, um dort solche Lager einrichten zu können, ist nicht sehr realistisch – Libyen durchlebt gerade eine schlimme Krise und entwickelt sich immer mehr zum Schauplatz von Auseinandersetzungen zwischen IS-Gruppen, Anhängern des früheren Ghadafi-Systems, Stämmen und eher fortschrittlichen Kräften. In dieser sehr undurchsichtigen Lage ist die Vorstellung, man könne dort „Puffer-Lager“ einrichten, in denen Asylbewerber menschenwürdig behandelt würden, traumtänzerisch. Allerdings würde dieser Ansatz europäischen Politikern ermöglichen zu behaupten, sie täten etwas.

Europa hat den Pfad des Humanismus verlassen und zeigt jetzt täglich sein hässlichstes Gesicht. Wenn man Politikern wie Chantal Brunel oder Thomas de Maizière zuhört, dann darf man sich nicht wundern, wenn sich Teile der Jugend radikalisieren. Im Gegenteil – die Frage stellt sich sogar, ab wann der Widerstand gegen die Schreibtischtäter in Anzug und Krawatte zur Pflicht wird.

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