„Für uns ist das wie ein Oscar!“

Der Leiter der Beruflichen Schulen Kehl (BSK), Peter Cleiss, hat in Berlin für die BSK den „Adenauer-De Gaulle“-Preis in Empfang genommen. Interview.

Peter Cleiss und die Beruflichen Schulen Kehl haben den Adenauer-De Gaulle-Preis erhalten. Hochverdient. Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Letzte Woche erhielten die BSK und deren Schulleiter Peter Cleiss in Berlin den „Adenauer-De Gaulle-Preis“ aus den Händen der französischen Europaministerin Nathalie Loiseau und ihres deutschen Amtskollegen Michael Roth.

Peter Cleiss, was genau ist der „Adenauer-De Gaulle-Preis“ und warum hat Ihr Schulzentrum diese Auszeichnung erhalten?

Peter Cleiss: Der Preis wird laut seiner Satzung für besondere Verdienste um die deutsch-französische Freundschaft vergeben. Insofern bezieht sich dieser Preis auf die Schule und nicht etwa auf deren Leiter, denn die BSK haben schon in den 80er Jahren erste Kooperationen mit beruflichen Schulen auf französischer Seite begonnen, beispielsweise mit einer beruflichen Schule in Haguenau. Der Preis ist also in erster Linie eine Würdigung eines sehr langen Engagements in diesem Bereich.

Was für Projekte machen denn die BSK so preiswürdig?

PC: Wir haben einen Grundsatz in unserer Schule – wir bieten allen Schülerinnen und Schülern an, einen internationalen Austausch zu erleben. Dabei arbeiten wir seit vielen Jahren mit Fachschulen in Frankreich zusammen.

Und mit welchen Schulen?

PC: Im Elsass arbeiten wir im Bereich Nahrungsmittel mit dem CFA in Eschau, im Bereich Hotel- und Gaststättengewerbe mit Schulen in Thann und Chalons-sur-Saône, im Metallbereich mit der Schule Emile Mathis in Schiltigheim, für Spedition und Logistik mit Schulen in Peroles bei Montpellier und Cachon bei Paris und für den Internationalen Handel mit dem Lycée Oberlin in Straßburg und einer Schule in Reims. Dazu arbeiten wir auch mit privaten Bildungsträgern zusammen, mit denen wir beispielsweise an einer gemeinsamen Bachelor-Ausbildung im Transport- und Logistikbereich arbeiten.

Und wie managt man so etwas?

PC: Zum einen bin ich selbst viel unterwegs, zum anderen haben wir eine strategische Maßnahme getroffen und eine Abteilungsleiterstelle eingerichtet, der unter anderem für diese strategische Aufgabe zuständig ist. Durch den Rückgang der Schülerzahlen fällt zwar nun eine Abteilungsleiterstelle weg, doch wird diese internationale Funktion künftig von einem Bereichsleiter ausgeübt werden.

Das klingt jetzt alles erst einmal wunderbar, doch gibt es leider in den praktischen Abläufen auch viele Schwierigkeiten. Welche Schwierigkeiten erleben Sie selbst in Ihren Programmen?

PC: Das größte Problem ist die Motivation der jungen Leute. Es ist nach wie vor schwer, junge Badener davon zu überzeugen, in ein Ausbildungsmodul in Frankreich zu gehen. Das tun in der Regel nur junge Menschen, die aufgrund ihres eigenen Lebenslaufs schon einen Bezug nach Frankreich haben, zum Beispiel weil ein Elternteil aus Frankreich stammt. Umgekehrt ist es genauso schwierig, junge Elsässer von einer Ausbildung in Deutschland zu überzeugen.

Warum sollten denn junge Franzosen in eine Berufsausbildung in Deutschland gehen?

PC: Zum einen natürlich, um seine Berufschancen zu erhöhen, zum anderen aber auch für die persönliche Entwicklung der jungen Leute. Wer früh lernt, sich in anderen Kultur- und Sprachkreisen zu bewegen, der hat echte Vorteile und einen offeneren Horizont.

Kommen wir zurück zu den Schwierigkeiten – wo müsste man den Hebel ansetzen?

PC: Zunächst muss man feststellen, dass die Arbeit im grenzüberschreitenden Bereich schwerer ist, als wenn man sich nur auf die nationale Ebene beschränkt. Wir müssen zumeist die deutsche, die französische und oft auch beide erfüllen und das ist in der Praxis oft schwer. Im Grunde müsste man die alte Idee des Lahrer Obs Wolfgang Müller aufgreifen und eine Art „Experimentierzone“ im Eurodistrikt einrichten, wie es ja auch bei dessen Gründung von den Staats- und Regierungschefs Gerhard Schröder und Jacques Chirac angeregt wurde. Wir bräuchten die Möglichkeit, mit entsprechender Beobachtung, neue Wege zu gehen. So würden wir gerne ein Angebot für Flüchtlinge, das VABO (Vorbereitungskurse für die Arbeitswelt und den Beruf OHNE Deutschkenntnisse) auch für französische Jugendliche anbieten und das lässt die aktuelle Rechtslage nicht zu. Hier wäre es sinnvoll, gäbe es die Möglichkeit, im Experiment auch außerhalb dieser Vorgaben arbeiten zu können. Ein solches Projekt, beispielsweise auf 5 Jahre angelegt, würde jeden der Projektpartner rund 20000 Euro pro Jahr kosten, sich also auf einer durchaus überschaubaren Ebene bewegen.

Aber dennoch dürfte die hohe Auszeichnung Bestätigung und Motivation für Ihr ganzes Team und Sie selbst sein?

PC: Natürlich – und das Bemerkenswerte dabei ist, dass diese Auszeichnung nicht aus dem schulischen Bereich kommt. Dass die BSK so geehrt wurde, ist eine wunderbare Anerkennung unserer Arbeit, das ist wie ein Oscar für uns! Doch letztlich richtet sich diese Auszeichnung an alle, die unsere Entwicklung überhaupt erst möglich gemacht haben – die Kultusverwaltung, der Ortenaukreis und auch der Eurodistrikt. Und dieser Preis stellt vor allem eines dar: Eine Mission, mit der gleichen Konsequenz an diesen deutsch-französischen Projekten weiterzuarbeiten!

Peter Cleiss, Danke für das Gespräch!

 

 

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