G7 – die große Augenwischerei von Schloss Elmau

Alle bejubeln die großartigen Ergebnisse des G7-Gipfels - aber sind diese Ergebnisse wirklich so großartig? Oder einfach nur politische Kommunikation?

"Und dann erzählen wir den Leuten, dass wir soooo große Fortschritte erzielt haben..." Foto: Official White House Photo by Pete Souza / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Nach dem Gipfel von Schloss Elmau sind alle zufrieden. „Die Kanzlerin hat geliefert“, so konnte man gestern in den meisten Zeitungen liefern und dass sich Angela Merkel als die „Klimakanzlerin“ positioniert habe. Das klingt schön, das rechtfertigt scheinbar die horrenden Kosten dieses Luxuswochenendes der Staats- und Regierungschefs von sieben mehr oder weniger zufällig ausgewählten Industrienationen, doch kann man nur so lange jubeln, bis man diese „Ergebnisse“ etwas genauer unter die Lupe nimmt.

Klima. Ganz oben in der Berichterstattung steht die gemeinsame Definition eines „Klimaziels“. Die zum Jahr 2100 soll die Welt auf fossile Energieträger (Erdöl, Kohle, Erdgas) verzichten, die unseren Planeten mit CO2-Emissionen vergiften. Ein Durchbruch, meinen viele. Doch was ist daran ein Durchbruch? Abgesehen davon, dass die Definition dieses Ziels keines der beteiligten Länder zu irgendetwas Konkretem verpflichtet, ist dieses Ziel eigentlich gar nicht so revolutionär. Denn im Laufe dieses Jahrhunderts werden die Reserven dieser Energieträger ohnehin erschöpft sein. Ob das die G7 wollen oder nicht – und dann ist ohnehin Schluss mit Kohle, Erdöl und Erdgas. Wir sind heute ja schon dabei, mit fragwürdigen Methoden wie dem Fracking die letzten Reste dieser fossilen Energieträger aus dem Boden zu pressen. Außerdem, und das scheint niemandem aufzufallen, bedeutet dieses „Klimaziel“ auch die Renaissance der Atomkraft, deren Ende schon eine beschlossene Sache war – neben Greenpeace und anderen Umweltorganisationen können also auch Siemens, Areva und Co. jubeln. Und – ein Ziel, das im Jahr 2100 erreicht werden soll, ist für die heute handelnden Politiker eine feine Sache, denn sie werden es selbst nicht umsetzen müssen, können aber die Vorteiler der politischen Kommunikation nutzen.

Hunger. Die G7-Länder wollen bis zum Jahr 2030 eine halbe Milliarde Menschen vor Hunger und Mangelernährung retten. Das ist ein hehres Ziel, doch auch hier muss man die Relationen sehen. Eine der Maßnahmen ist es, Landwirte in Afrika gegen die Folgen des Klimawandels wie Dürre oder Naturkatastrophen zu versichern. Stolz gab man bekannt, dass alleine in den letzten vier Jahren die unglaubliche Summe von 26 Millionen Euro im Rahmen solcher Versicherungen an Betroffene in Afrika geflossen sei. Also ein Zehntel dessen, was das Luxuswochenende auf Schloss Elmau gekostet hat. Stimmen da die Relationen noch?

Seltene Krankheiten. Ja, man hat das Thema gestreift. Nein, man hat sich auf keinerlei verbindliche Agenda verständigt. Nein, dort, wo man am ehesten gegen Epidemien kämpfen muss, nämlich in Afrika, können sich die Menschen die von den führenden Pharmaherstellern produzierten Medikamente nicht leisten. Das werden sie auch in Zukunft nicht können. Die Absichtserklärung, man wolle künftig besser auf Epidemien wie Ebola vorbereitet sein, kann nur schwerlich als „Ergebnis“ bezeichnet werden.

Welthandel. Doch, da haben wir noch ein Ergebnis. Die G7 sind sich einig, dass das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP nun forciert zum Abschluss gebracht werden soll. Dass die Menschen dieses Abkommen mehrheitlich nicht gutheißen, interessiert dabei nicht. Dass dieses TTIP den USA die Schlüssel zur europäischen Politik und Wirtschaft gegen das vage Versprechen auf ein halbes Prozent Wirtschaftswachstum in die Hand drückt, auch nicht. Klar, Angela Merkel sagte noch, dass es zu einzelnen Punkten noch Klärungsbedarf gäbe, doch wie es aussieht, wenn die Kanzlerin Dinge mit den USA klärt, das erleben wir gerade im Rahmen der BND/NSA-Abhöraffäre. Insofern muss man damit rechnen, dass sie auch zum Thema TTIP das Knie vor den USA beugen wird. Ist das ein Ergebnis des Gipfels, das man bejubeln kann?

Was am Ende die Frage aufwirft, was dieser Gipfel tatsächlich war. Eine Kommunikationsveranstaltung, mit der Politiker, die gerade in ihren Ländern in Umfragetiefs stecken, sich als aktive Macher und Weltenretter präsentieren konnten? Aufwand und Nutzen stehen in keinerlei Relation zueinander – und nur einer darf sich richtig freuen: Der Besitzer von Schloss Elmau, dessen Wohlfühl-Luxushotel eine sensationelle Werbung abbekam. Über den Rest darf man getrost den Mantel des Schweigens decken.

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