Gebietsreform in Frankreich: Hat da jemand „das elsässische Volk“ gesagt?

Es ist so weit – die Diskussionen um die geplante französische Gebietsreform haben das Terrain des Sachlichen verlassen. Nun schlägt die Stunde der Polemiker. Was auch nicht zur Lösung beiträgt.

Philippe Richert se met à polémiquer, lui aussi. Généreusement, il se dit prêt à pardonner ses fautes au Premier Ministre Manuel Valls. Eh ben. Foto: © Kai Littmann

(KL) – Die Versuche der elsässischen Konservativen, den Kelch der Gebietsreform an sich vorübergehen zu lassen, nehmen langsam unschöne Züge an. Was Premierminister Valls dazu veranlasste, bei einer Fragerunde den elsässischen Abgeordneten Patrick Hetzel, der vom „elsässischen Volk“ gesprochen hatte, scharf zurechtzuweisen: „Es gibt kein elsässisches Volk. In Frankreich gibt es nur ein französisches Volk!“

Nun rächt sich, dass die Verfechter einer eigenständigen Region Elsass, für die es sicherlich gute Argumente gibt, die schlechte Idee hatten, sich mit ultrarechten Autonomisten einzulassen – was in Paris überhaupt nicht gut ankommt und als Gefährdung der französischen Kohärenz gewertet wird.

Doch wenn die Auseinandersetzung nun vor der Debatte der Reform im Senat deutlich an Niveau verliert, so muss man festhalten, dass alle, ohne Ausnahme, unsachlich debattieren und selbst dazu beitragen, dass dieses Projekt nicht mehr mit Argumenten, sondern nur noch mit Emotionen und Polemik diskutiert wird.

So ist es wenig hilfreich, dass die sozialistische Regierung zwar schon munter Gesetzentwürfe zur Abstimmung vorlegt, es allerdings bisher versäumt hat, den Nachweis anzutreten, was diese Reform konkret und realistisch bringen soll. Lägen hierzu Modelle, Informationen, Gutachten vor, dann ließe sich die Diskussion einfacher führen. Diejenigen, die gegen diese Reform sind (wobei man im Elsass nichts dagegen hat, wenn die Reform anderswo stattfindet, nur eben nicht im Elsass…), legen ebenfalls zu wenig Argumente auf den Tisch, sondern spielen nun die Karte „Rettet das Elsass!“ aus. Als ob das Elsass als Teil einer größeren Region zwangsläufig von der Landkarte verschwinden würde.

So fragte der Präsident des Generalrats des Haut-Rhin Charles Buttner öffentlich nach: „Herr Valls, würden Sie uns bitte erklären, warum Ihre Regierung das Elsass abschaffen will?“ – dass man auf so eine Frage keine sachliche, emotionslose und sinnvolle Antwort erhält, ist irgendwie auch klar. Dass alleine die Fragestellung die Sorge vor autonomistischen Tendenzen im Elsass in Paris nur weiter befeuert, schien Buttner nicht zu stören. Denn innerhalb dieser Diskussion kochen auch viele Lokalfürsten weiter am Süppchen ihrer persönlichen, politischen Ambitionen.

Was wieder einmal an die Oberfläche gespült wird, ist das traditionelle Misstrauen in Paris, das Elsass könne Abspaltungsgedanken hegen, während man umgekehrt im Elsass die Befürchtungen in Paris nicht wahrnimmt und nicht versteht. Nur so ist zu erklären, dass im Moment alle Beteiligten von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen springen und sich große Mühe geben, auch ja keines auszulassen.

Und um die ohnehin schon vergiftete Atmosphäre noch ein wenig weiter zu belasten, spielt man nun auch noch die Karte der Arroganz aus – wie Philippe Richert, der Präsident der Region Elsass. „Der Premierminister macht Fehler auf Fehler. Aber die Elsässer können denjenigen vergeben, die ihre Fehler eingestehen.“ Wie großmütig. Ob diese Art der arroganten Polemik geeignet ist, die Diskussion wieder auf eine sachliche und lösungsorientierte Schiene zu bringen, ist mehr als fraglich.

1 Kommentar zu Gebietsreform in Frankreich: Hat da jemand „das elsässische Volk“ gesagt?

  1. trotz einer Grossregion Elsass, Lothringen, Champagne, Ardennen wird es immer
    weiter ChampagnerWein, Vins d’Alsace geben. Elsass wird weiter Alsace bleiben und sein.

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