Gegen Terrorismus-Werbung: Gut gedacht – schlecht gemacht…

Vor lauter Angst, dass Terroristen unsere Bürgerrechte gefährden könnten, schafft man sie in Frankreich eben gleich selber ab…

Der französische Innenminister Bernard Cazeneuve will das Richtige tun, wählt dafür aber den falschen Weg. Foto: Claude Truong-Ngoc / Eurojournalist(e)

(KL) – Wenn die hohe Politik auf Ereignisse wie den Terror reagieren will, ist die leider ziemlich phantasielos und vermeidet es, sich mit den Ursachen des Terrorismus auseinander zu setzen. Stattdessen verfällt man in eine Art blinden Aktionismus, bei dem am Ende des Tages noch mehr Schaden angerichtet wird. Wie durch die geplanten Gesetzesänderungen in Frankreich, die Innenminister Bernard Cazeneuve jetzt durchboxen will.

Gemeinsam mit den großen Internet-Playern, wie YouTube und den anderen, will Cazeneuve dafür sorgen, dass Terrororganisationen diese Plattformen nicht mehr für ihre unsägliche Propaganda nutzen können. Schwierig dabei ist nur, dass dies nicht im Rahmen einer sinnvollen Absprache zwischen verantwortungsbewussten Partnern geschehen soll, sondern im Rahmen eines neuen Gesetzes.

Wie gefährlich so etwas ist, werden wir nicht heute und nicht morgen merken. Aber übermorgen, wenn eine anders ausgerichtete Regierung beschließt, dass ab sofort Veganer, Petanque-Spieler und Rosenzüchter als staatsgefährdend zu betrachten sind. Einer solchen Regierung spielt ein solches Gesetz in die Hände und führt zu einem frei nutzbaren Repressionsinstrument. Dass niemand mehr die barbarischen IS-Videos hosten sollte, darüber besteht wohl Einigkeit, doch stellt sich die Frage, ob die aktuelle Gesetzeslage nicht ausreicht, solche Videos und deren Verbreitung zu unterbinden. Und sollte die Gesetzeslage nicht ausreichen, wäre es vielleicht besser, würde man mit Sondergenehmigungen oder ähnlichem dafür sorgen, dass IS- und Neonazi-Propaganda aus dem Netz verschwinden.

Die Absicht des Gesetzesvorschlags, über den das französische Parlament am 5. Mai abstimmen soll, ist natürlich löblich, nachvollziehbar und richtig. Wenn man den Extremisten die Kommunikationsbasis entzieht, dann trifft sie das härter als jeder Bombenangriff in den Bergen im Norden Syriens. Doch sollte man bei allem Bestreben, etwas zu tun, jetzt nicht über das Ziel hinausschießen. Denn ansonsten könnte ein Schaden eintreten, der sich eines Tages als fatal herausstellen könnte. Doch sollte dieser Tag eintreten, ist es zu spät, um noch Korrekturen anzubringen.

Angesichts der Tatsache, dass alle großen Internet-Akteure klar gemacht haben, dass sie in die gleiche Richtung schauen wie die französische Regierung, müsste es doch eigentlich möglich sein, die gleiche Wirkung durch andere Maßnahmen zu erreichen, ohne dabei gleich das nächste Repressionsmittel gesetzlich zu verankern. Denn Stückchen für Stückchen lösen sich unsere Bürgerrechte auf – geopfert auf dem Altar einer vermeintlichen Sicherheit, die es ohnehin nie mehr geben wird.

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