„Gelbwesten“, „Black Blocks“ und die Regierung

„Akt 18“ der „Gelbwesten“ wurde genau das, was angekündigt war – eine Orgie der Gewalt und der Zerstörung. Das Argument der „Gelbwesten“ („Das sind nicht wir, das sind andere“) klingt immer hohler.

Nach 18 von diesen "Akten" haben die Franzosen lsangsam die Nase voll von dieser Form des urbanen Terrorismus. Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Statt sich nun langsam auch mal wieder aus der Krise heraus zu manövrieren, wird es von Wochenende zu Wochenende immer schlimmer. Bei „Akt 18“ in Paris wurden 237 Menschen festgenommen, über 80 Geschäfte zerstört und geplündert, Häuser angezündet und es ist reiner Zufall, dass es bei dieser Gewaltorgie nicht zu Toten kam. Das es „nur“ bei Verletzten blieb, ist einzig der Umsicht und Ruhe der Ordnungskräfte zu verdanken, die trotz der Angriffe auf ihr Leben und ihre Gesundheit nicht zum äußersten Mittel griffen.

Ja, ja, das haben wir jetzt dutzende Male gehört – die „Gelbwesten“ sind „friedliche Demonstranten“, die leider nichts, aber auch gar nicht dagegen machen können, dass sich Links- und Rechtsextreme unter ihrem Schutz Wochenende für Wochenende zum Abfackeln von Paris und anderen Innenstädten treffen. Das stimmt allerdings nicht ganz. Denn Wochenende für Wochenende rufen die unübersichtlich vielen „Gelbwesten“-Gruppen zum Sturm auf Paris auf. Dieses Wochenende stand unter dem Motto „Akt 18 – Das Ultimatum“. Wissend, dass vorher 17 dieser Akte zu Gewaltexzessen geführt haben, kann man jetzt nicht überrascht so tun, als hätte man nicht mit dieser Gewaltorgie rechnen können, nachdem man selbst dazu eingeladen hat.

Die Gewalt ging am Samstag von den „Black Blocks“ aus, gewaltbereiten Linksextremen, die ihr Kommen bereits in der Woche zuvor angekündigt hatten. Ebenso hatten andere „Black Blocks“ aus anderen Ländern, vor allem aus Belgien, ihre „Teilnahme“ am Samstag in den Sozialen Medien angekündigt und sich dabei bereits sehr martialisch aufgestellt. Die „Gelbwesten“ waren hoch erfreut über diese „Unterstützung“ und nach Aufrufen, doch bittesehr die Demonstration nicht durch Gewaltakte zu stören, suchte man vergeblich. Doch genau an dieser Stelle wird das Märchen von den „friedlichen Gelbwesten“ unglaubwürdig.

Die Bewegung der „Gelbwesten“ ist auf dem absteigenden Ast, denn die Gewalt auf der Straße schockiert die Franzosen. Mit sozialen Forderungen haben diese „Akte“ nichts mehr zu tun, hier toben sich Extremisten aus, die vom gewaltsamen Umsturz träumen, von 1789 und 1968, und dafür nutzen sie die Methoden von 1933. Nun rächt sich das Kokettieren der „Gelbwesten“ mit ihrer eigenen Desorganisation. Eine Bewegung, die es in vier Monaten nicht schafft, auch nur eine einzige Führungspersönlichkeit hervorzubringen, eine Bewegung, die keinerlei Unterstützung Prominenter, Künstler oder Intellektueller erfährt, eine Bewegung, deren „Sprecher“ unwidersprochen zum bewaffneten Bürgerkrieg aufrufen wie ein Christophe Chalençon, die hat nach vier Monaten jegliche Legitimierung verloren, im Namen von irgendwem zu sprechen.

Die „Großen Nationalen Debatten“ sind abgeschlossen, die „Gelbwesten“ haben sich praktisch nicht an diesem gesellschaftlichen Dialog beteiligt. Dabei wurden diese Dialog-Veranstaltungen einzig und alleine als Reaktion auf die „Gelbwesten“ durchgeführt, doch es zeigt sich, dass es wenig zielführend ist, monatelang zu brüllen, dass man angehört werden möchte, nur um dann, wenn man das Wort hat, nichts zu sagen.

Die „Gelbwesten“ hatten vier Monate Zeit, sich zu organisieren und tatsächlich zu einem der Ansprechpartner der Zivilgesellschaft zu werden. Dieser Zug ist allerdings jetzt abgefahren, die „Gelbwesten“ sind zerstrittener und konfuser als je zuvor und alles, was sie noch auf die Reihe bekommen, sind die wöchentlichen Einladungen zu den „Akten“, die nach dem immer gleichen Schema ablaufen und bei denen es den „Gelbwesten“ niemand mehr abnimmt, dass sie gegen die zerstörerische Gewalt sind, mit der sie Frankreich auf Jahre hinaus ins Abseits katapultieren.

Das alles ändert allerdings nichts daran, dass sich die Regierung weiterhin unglaublich amateurhaft anstellt. Während Paris in Flammen stand, postete Präsident Macron fröhlich Bilder aus dem Skiurlaub, belegte Innenminister Castaner die Schlagzeilen der Regenbogenpresse und irgendwie hat man das Gefühl, als bekäme die französische Regierung gar nicht mehr mit, was in ihrem Land passiert.

Präsident Macron hat nun vier Wochen Zeit, Frankreich tiefgreifende Reformen zu präsentieren und nicht etwa nur kleinere, kosmetische Maßnahmen zur Befriedung des Landes. Vieles von dem, was dann ansteht, hätte man schon längst machen können und die Tatsache, dass alles so schleppend vorangeht, weist darauf hin, dass die Regierung lediglich auf Zeit spielt.

Im Zeitraum April/Mai entscheiden sich die nächsten Jahre für Frankreich. Entweder Präsident Macron liefert konkrete und echte Reformen ab, mit denen die Lebensbedingungen der sozial Schwächsten verbessert werden, oder aber er löst einen Bürgerkrieg aus, zu dem die Bilder vom Wochenende nicht mehr als ein Auftakt waren. Doch angesichts der ganz offensichtlichen Schwäche seiner Berater oder aber seiner eigenen Beratungsresistenz stehen die Chancen leider hoch, dass Macron sein Land in ein Chaos stürzt, das dann niemand mehr beherrscht. Ob eines Tages doch noch die Vernunft nach Frankreich zurückkehrt?

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