Generalstreikchen
Die Gewerkschaft CGT und die „Gelbwesten“ haben sich mit dem gestrigen „Generalstreik“ keinen Gefallen getan. Denn jetzt erkennt man, wie schwach diese Bewegung wirklich ist.
(KL) – Der gestrige „Generalstreik“ in Frankreich hat die „Gelbwesten“ auf ihre tatsächliche Größe und Bedeutung zurechtgestutzt. Der etwas vollmundig angekündigte „unbefristete Generalstreik“, mit dem „Gelbwesten“ und die linke Gewerkschaft CGT „die Wirtschaft blockieren“ wollten, um die Regierung dazu zu bewegen, ihre nicht formulierten Forderungen zu erfüllen, wurde mangels Beteiligung zum Rohrkrepierer.
Die „Gelbwesten“ sehen sich dann doch wohl grösser, stärker und einflussreicher als sie es tatsächlich sind. Ebenso, wie der „Gelbwesten“-Führer für letzten Samstag „1 Million Demonstranten auf den Champs-Elysées“ angekündigt hatte (es kamen tatsächlich, je nach Schätzung, zwischen 4000 und 7000 Demonstranten…), ist nun auch dieser „Generalstreik“ nicht etwa zur Demonstration der uneingeschränkten Macht der „Gelbwesten“ in Frankreich geworden, sondern erlaubt nun eine realistische Einschätzung dieser Bewegung, die angesichts der fast widerstandslos hingenommenen Vereinnahmung durch ultrarechte und antisemitische Kräfte immer weiter an Fahrt verliert.
Niemand hat die „Gelbwesten“ gezwungen, einen „Generalstreik“ auszurufen, der dann doch eher ein „Generalstreikchen“ wurde. Allerdings erkennt man immer deutlicher die Verblendung einiger Wirrköpfe, die allabendlich in den Diskussionsrunden davon schwadronieren, dass „das Volk die Regierung stürzen” wird“. Wenn in einer Stadt wie Straßburg ein „Generalstreik“ gerade mal 1300 Menschen mobilisiert, von denen die Hälfte arbeitslos ist, dann ist das keine Machtdemonstration, sondern eher bemitleidenswert. Denn Wortwahl und Aktionsform deuten darauf hin, dass die Verantwortlichen für diese Aktionen tatsächlich verblendet davon ausgehen, dass „das Volk“ hinter ihnen steht. Das tut es aber nicht.
Nach wie vor ist die Mehrheit der Franzosen davon überzeugt, dass soziale Reformen eine gute Sache für Frankreich wären. Da haben sie auch Recht. Nur, und das haben die „Gelbwesten“ noch nicht mitbekommen, diese sozialen Fortschritte wurden bereits im Dezember gestartet und werden nun weiter ausgebaut werden. Dazu dienen unter anderem die „Großen Nationalen Debatten“, die von den meisten „gelbwesten“ boykottiert werden, nachdem sie monatelang geschrien hatten, dass sie gehört werden wollen. In so einer Situation dann den Dialog zu verweigern und weiterhin mit der „Unorganisiertheit“ dieser Bewegung zu kokettieren, zeigt, dass mit den „Gelbwesten“ langfristig nicht zu rechnen sein wird. Das wird allerdings den sozialen Fortschritt in Frankreich nicht aufhalten – dieser wird mit oder ohne die „Gelbwesten“ stattfinden.
Gewiss, es gab einige Auseinandersetzungen in den Städten des Südens, in erster Linie Toulouse und Bordeaux, wo sich bereits in den letzten Wochen die Gewaltbereitschaft der „Gelbwesten“ immer wieder in Gewaltexzessen in den Städten gezeigt hatte. Doch mit einem „Generalstreik“ hat das wenig zu tun, wenn ein paar Schläger das machen, was sie jedes Wochenende machen – Scheiben einschlagen, Bushaltestellen zerstören und Schlägereien mit der Polizei provozieren. Hätten „Gelbwesten“ und die CGT den 5. Februar einfach als „Aktionstag“ deklariert, wäre das vermutlich durchgegangen. Den Tag pompös als „Generalstreik“ zu titulieren, der dann kaum befolgt wird, ist einfach nur lächerlich und zeigt einerseits die wahre „Stärke“ dieser Bewegung und andererseits einen geradezu peinlichen Versuch seitens der Gewerkschaft, die „Gelbwesten“ für sich zu gewinnen, ebenso wie die ultrarechten, antisemitischen und neonationalistischen Gruppen und Gruppierungen, die seit November genau das gleiche versuchen.
Der Versuch, die Französische Republik aus den Angeln zu heben, wird scheitern, was vor allem daran liegt, dass die „Gelbwesten“ in drei Monaten nicht eine „Führungspersönlichkeit“ gefunden haben, die sie halbwegs glaubhaft nach außen vertritt. 1789 gab es Robespierre, Danton und andere, 1968 Jean-Paul Sartre oder Daniel Cohn-Bendit, 2019 gibt es „Fly Rider“ und andere großmäulige Selbstdarsteller, von denen keiner in der Lage ist, dieser Bewegung eine Richtung zu geben. Natürlich versuchen viele, diesen offensichtlichen Mangel an intelligenten Führungspersönlichkeiten als „Authentizität“ zu verkaufen, doch das greift nicht mehr. Was sich jetzt noch schlägernd in Gelb auf Frankreichs Straßen herumtreibt, das sind keine Demonstranten, die sich für den sozialen Fortschritt einsetzen, sondern Wirrköpfe, denen es einzig darum geht, Chaos zu stiften und damit den Weg für die Extremisten zu bereiten, die bereits in den Startlöchern stehen.
Der „Generalstreik“ gestern fiel aus. Stattdessen gab es ein ziemlich peinliches „Generalstreikchen“. Angesichts der berechtigten Forderungen der „Gelbwesten“ zu Beginn dieser Bewegung, ist es traurig zu sehen, wie sie an sich selbst scheitert. Den Moment, in dem die „Gelbwesten“ organisiert richtig viel hätten erreichen können, haben sie verpasst. Und das ist fast schade.
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