Gestern war der 8. Mai…

Während die ganze freie Welt gestern den Jahrestag des Endes des II. Weltkriegs feierte, herrschte bei uns in Deutschland Schweigen. Wie immer.

8. Mai 1945 - Deutschland kapituliert - das Ende des Nazi-Faschismus: Schade, dass wir in Deutschland diesen Tag nicht begehen. Foto: Bundesarchiv, Bild 183-J0422-0600-002 / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Ja, Deutschland hat den II. Weltkrieg verloren. Wie den I. übrigens auch. Das steht so in allen Geschichtsbüchern. Und trotzdem ist diese Aussage falsch. Deutschland hat diesen Krieg am 8. Mai 1945 nicht verloren, sondern an diesem Tag wurde die Welt von den Nazis befreit. Wir in Deutschland auch. Selbst wenn es leider nicht gelungen ist, das finstere Gedankengut der Nazis vollständig aus dem kollektiven Bewusstsein der Menschheit zu tilgen, so endete am 8. Mai 1945 eines der schlimmsten Kapitel der Menschheit und es ist geradezu jämmerlich, dass dieses Datum immer noch nicht in Deutschland die ihm zustehende Würdigung erfährt.

Es ist zu einfach, einen Weltkrieg wie eine „sportliche Begegnung“ zu betrachten. Wo wäre denn die Welt heute, hätten die Nazis diesen Krieg „gewonnen“? Die Welt wäre ein nicht auszuhaltender Ort, an dem alles verfolgt, gequält und umgebracht würde, was nicht dem kruden Weltbild der Nazis entspricht. Statt heute noch zu denken, dass wir Deutschen diesen II. Weltkrieg „verloren“ haben, sollten wir lieber in uns gehen und gemeinsam mit dem Rest der freien Welt diesen Tag als einen Freudentag begehen und vor allem würdigen. Genauso wie den 11. November, den Tag, an dem der I. Weltkrieg endete.

40 Millionen Menschenleben und nicht in Worte zu fassendes Elend und Leid haben diese beiden Weltkriege gekostet, angezettelt von unseren Vorfahren, gestoppt von den Alliierten, die es dankenswerterweise fertig brachten, ihre eigenen ideologischen Gräben zu überwinden, um den schlimmsten Feind der Menschheit, den Faschismus, gemeinsam zu bekämpfen und zu besiegen. Wofür wir Deutschen ebenso dankbar sein sollten wie der Rest der Welt.

„Das ist schon so lange her, lasst uns bloß damit in Ruhe“, hört man hier und da in Deutschland. Ist es wirklich schon so lange her? Natürlich lebt heute keiner der für das Naziregime Verantwortlichen mehr, es laufen die letzten Prozesse gegen Nazischergen, die inzwischen weit über 90 Jahre alt sind, damals junge Männer waren und von denen einige gerade während ihrer Prozesse sterben. Aber ist das alles wirklich so weit weg? Laufen heute nicht Tausende auf den Pegida-Märschen mit, bei denen Parolen gebrüllt werden, die sich kaum von denen aus der Nazizeit unterscheiden? Wählen heute nicht schon wieder Millionen Menschen eine Partei, die den gleichen Hass und die gleiche krankhafte Überheblichkeit verbreiten wie einst die Nazis? Sind Dinge wie Fremdenhass, Angst vor allem, was nicht so ist wie wir selbst, Gewalt in den Straßen nicht schon längst wieder an der Tagesordnung? Ist die kranke Gedankenwelt der Nazis wirklich Vergangenheit?

Es ist allerhöchste Zeit, dass das kollektive Erinnern auch Deutschland erreicht. Und zwar nicht in Dimensionen von „die haben gewonnen, wir haben verloren“, denn „die“ und „wir“ sollten in der heutigen Zeit eins sein. Vielleicht sollte man dieses kollektive Erinnern positiver gestalten, in Form eines „Welttags des Friedens und des Antifaschismus“, den die ganze Welt begehen kann. Solche Gedenktage sind immer auch die Gelegenheit, der Jugend zu schildern, was damals passiert ist. Damit vielleicht ein paar junge Menschen weniger zur Pegida rennen, ein paar weniger Menschen rechtsextreme Hassparteien wählen. Damit die fürchterlichen Erfahrungen dieser Kriege wenigstens einen Nutzen haben – dass sich dieser Schrecken nicht mehr wiederholt.

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