Gesucht: Präsidentschaftskandidat ohne Gerichtsverfahren
Die Präsidentschaftswahlen in Frankreich stehen unter keinem guten Vorzeichen. Fast alle französischen Spitzenpolitiker haben „Leichen im Keller“. Und die kommen nun an die Oberfläche.
(KL) – Wenn sich jemand in der Politik als „Saubermann“ aufführt, dann sollte man vorsichtig sein. So zirkulieren gerade in den sozialen Netzwerken alte Posts des konservativen Kandidaten François Fillon, in denen er zur Frage einer möglichen Erhöhung des Mindesteinkommens vollmundig erklärt: „Es ist zu einfach, großzügig mit dem Geld anderer umzugehen und dabei deren Arbeitsplätze zu gefährden“. Eigentlich ein schöner Satz, der allerdings angesichts des aktuellen Skandals um die Scheinanstellung seiner Frau für Hundertausende Euros als „Parlamentarische Assistentin“ einen schalen Beigeschmack findet. Dabei waren alle Konservativen so froh, endlich einen Kandidaten gefunden zu haben, der nicht mit einem Bein im Gefängnis sitzt.
Denn bereits bei den Vorwahlen war aufgefallen, dass die meisten Kandidaten zahlreichen Verfahren ausgesetzt sind, bei denen es von Steuerhinterziehung über illegale Parteienfinanzierung bis zur Korruption geht. Nicolas Sarkozy befand sich dabei in einer ähnlichen Situation wie einst Silvio Berlusconi, den nur die parlamentarische Immunität vor einem Aufenthalt hinter Gittern bewahrte und auch Alain Juppé hatte eine Bewährungsstrafe und eine dreijährige Nichtwählbarkeit hinter sich, da er in Finanzskandale in Paris verwickelt war.
Bei den Rechtsextremen läuft gerade ein Antrag auf Aufhebung ihrer parlamentarischen Immunität gegen die Kandidatin Marine Le Pen und da sie die vom Europäischen Parlament geforderte Rückzahlung von 340.000 Euro für die Scheinbeschäftigung von Parteifreunden als „Assistenten“ nicht geleistet hat, dürfte nun ihr Gehalt als Europaparlamentarierin für erste um die Hälfte gekürzt werden. Dazu ist der rechtsextreme Front National auch dafür bekannt, dass er sich fast permanent in allen möglichen Verfahren vor Gericht befindet.
Der Kandidat Emmanuel Macron muss sich gerade gegen Vorwürfe verteidigen, er habe in seiner Zeit als Wirtschaftsminister öffentliche Gelder für die Vorbereitung seines Wahlkampfs eingesetzt, ansonsten steht er allerdings nicht im Fadenkreuz von Ermittlern, ebenso wenig wie der Kandidat der sozialistischen PS Benoît Hamon. Was diese beiden schon einmal als Ausnahme erscheinen lässt, mit der die Regel bestätigt wird.
Bei der sozialistischen PS erfolgte das „Großreinemachen“ schon während der letzten Legislaturperiode – verschiedene Minister und Staatssekretäre mussten gehen, wegen Steuerhinterziehung oder Geldwäsche im Ausland. Auch nicht viel besser.
Und so wird es schwierig, Kandidaten zu finden, die das erfüllen, was sie selbst immer fordern – eine Vorbildfunktion für die Menschen, die sie wählen sollen. Bislang stellt es sich eigentlich eher so dar, dass die Kandidaten eine ziemlich heftige Botschaft an das Wahlvolk senden: „Macht, was ihr wollt, ihr dürft euch dabei nur nicht erwischen lassen“. Na dann, fröhliche Wahlen…
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