Gesundheit ist ein grenzüberschreitendes Thema

Das Treffen in Offenburg zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Bereich Gesundheit – kann es nicht ein bisschen ambitionierter sein?

Die Gesundheit war eines der Themen bei der Sitzung des Eurodistrikt-Rats in Offenburg diese Woche. Foto: Eurodistrikt Strasbourg-Ortenau

(Karl-Friedrich Bopp) – Hochrangige Vertreter der neuen Gebietskörperschaft Elsass (CEA) sowie des Landratsamtes Ortenau und des Eurodistrikts Strasbourg-Ortenau trafen sich am 19. Februar 2021 in Offenburg. Hauptthema des Gesprächs war die Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Bereich Gesundheit.

Stellt sich eigentlich sofort die Frage: Warum ein Treffen nur mit dem Landratsamt Offenburg? Die CEA erstreckt sich von St. Louis über Mulhouse, Colmar, Strasbourg, Haguenau bis nach Wissembourg. Das Landratsamt Offenburg vertritt weder Freiburg noch Karlsruhe. Ähnliches gilt für die Eurodistrikte.

Inhaltlich wiederholte man die generellen Zielsetzungen wie die Schaffung eines gemeinsamen grenzüberschreitenden Gesundheitsraums oder eine weitgehend grenzüberschreitende Freizügigkeit der Bevölkerung zur Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen.

Nur, ginge es nicht ein bisschen konkreter? Umso mehr, da die rechtlichen Rahmenbedingungen bereits bestehen. Da gilt zum einen das deutsch-französische Abkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Gesundheitswesen aus dem Jahr 2005. Genannt werden muss aber insbesondere der Aachener Vertrag von Januar 2020, der im Kapitel 4, Artikel 13.2 für „angemessene Kompetenzen, zweckgerichtete Mittel und beschleunigte Verfahren“ plädiert, um „Hindernisse bei der Umsetzung grenzüberschreitender Vorhaben“ zu überwinden. Der Bereich Gesundheit wurde in diesem Zusammenhang als konkretes Aktionsfeld genannt.

Andere Grenzregionen machen bereits vor, was alles möglich wäre. Im Juni 2019 unterzeichneten Deutschland und Frankreich im französischen Forbach die Vereinbarung MOSAR, die den Bewohnern der Region Saar und Mosel erlaubt, ohne vorherige Genehmigung in Krankenhäusern auf beiden Seiten der Grenze behandelt zu werden.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium Dr. Thomas Gebhart formulierte aus diesem Anlass enthusiastisch: „Nach einem Herzinfarkt sollte es keine Rolle spielen, ob das nächste Herzzentrum in Deutschland oder Frankreich steht. Entscheidend ist, dass der Patient optimal behandelt wird. Mit der Vereinbarung verbessern Deutschland und Frankreich den wohnortnahen Zugang zu hochwertiger Gesundheitsversorgung. So wird Europa für die Menschen im Alltag erfahrbar.“

Natürlich war all das vor der Covid-19-Pandemie. Aber sollten nicht gerade in solchen Krisensituationen Abkommen wie der Aachener Vertrag dafür genutzt werden, sich nicht national abzuschotten, sondern mehr grenzüberschreitend zusammenzuarbeiten? Wie kann es sein, dass ein Jahr nach Beginn der Krise mit all den Spannungen, die wir im Frühjahr letzten Jahres erlebt haben, wir auch heute wieder bangen müssen, welche zusätzlichen Einschränkungen im kleinen Grenzverkehr morgen wieder eingeführt werden?

Selbstverständlich ist es erstmal eine gute Nachricht, wenn sich politische Vertreter aus dem Elsass und Baden treffen, um Verbesserungen im Gesundheitsbereich zu besprechen. Anhand von konkreten, positiven Beispielen in anderen Grenzregionen wird allerdings schnell deutlich, dass es reichlich Spielraum nach oben gibt, um für die Bevölkerung entlang der Linie Strasbourg – Kehl – Offenburg endlich einheitlichere Bedingungen in der Gesundheitsversorgung zu ermöglichen.

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