Gewalt an den französischen Schulen

Frankreich ist gerade von mehreren Gewaltakten an Schulen erschüttert. Nach den Übergriffen in Tremblay in der Nähe von Paris, gab es nun einen Zwischenfall in Straßburg. Und alle rätseln, wie so etwas passieren kann.

Gewwalt an Schulen ist ein Phänomen, das den Zustand der gesamten Gesellschaft schonungslos offen legt. Foto: Isaias Alves da Cruz / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Gewalt an Schulen ist kein französisches Problem, es gibt diese Gewalt überall. In Deutschland haben wir in den letzten Jahren fürchterliche Amokläufe an Schulen erlebt, doch scheint es so, als würden sich in Frankreich gerade die Zwischenfälle häufen. Die Experten rätseln bezüglich der Ursachen, die Lehrergewerkschaften und die Polizei denken über strikte Maßnahmen nach. Und aktiv muss man vermutlich auf beiden Ebenen werden.

Am Gymnasium „Hélène Boucher“ in Tremblay-en-France, nördlich von Paris gelegen, findet momentan kein Unterricht statt. Nachdem am Montag mehrere Dutzend Vermummter Molotov-Cocktails auf die Schule geworfen hatten und die Schulleiterin schlugen, die versuchte, die Situation in den Griff zu bekommen, fällt der Unterricht zurzeit aus. Zumal es sich um den dritten gewaltsamen Zwischenfall innerhalb von 10 Tagen an dieser Schule handelte.

Am Dienstag kam es dann zu einem ebenso seltsamen Zwischenfall im Straßburger Gymnasium Oberlin, als ein junger Mann, der nicht dort zur Schule geht, in ein Klassenzimmer eindrang und den Mathematiklehrer mehrfach ins Gesicht schlug, bevor er flüchten konnte. Derselbe junge Mann war bereits am Freitag in die Schule eingedrungen und hatte mehrere Computer umgeworfen, bevor er auch dann flüchten konnte.

Die Schulämter, die Polizei, die Schülerinnen und Schüler, die Lehrerinnen und Lehrer, die Eltern – alle sind ratlos. Denn angesichts dieser Zwischenfälle lösen sich die Zungen und die Betroffenen berichten von der alltäglichen Gewalt rund um die und in der Schule. Drangsalierte Schülerinnen und Schüler, bedrohte Lehrer, Schulwege, auf denen „Schutzgelder“ kassiert werden – die Liste ist lang.

Die Diskussionen zu dem Thema gehen in zwei Richtungen. Zum einen stellt sich die Frage nach Sofortmaßnahmen und viele fordern eine Zero-Tolerance-Politik mit Zugangskontrollen, Metalldetektoren und anderen Hilfsmitteln, ähnlich wie in den USA. Andere stellen sich die Frage nach den Ursachen dieser Gewalt und werden schnell fündig.

Die allgemeine Verrohung der Gesellschaft ist ein „Beispiel“ für Kinder und Jugendliche, es den Erwachsenen gleich zu tun. Wo ein Jugendlicher hinschaut, sieht und erlebt er Gewalt und es erscheint fast „normal“, dass Jugendliche diese Gewalt, die sie in der Familie, in der Schule, in der virtuellen Welt erleben, fast automatisch selbst umsetzen. Noch einmal zur Erinnerung – man schätzt die Anzahl von gewalttätigen Zwischenfällen in Deutschland auf ca. 90.000 Fälle pro Jahr ein, und eine andere Schätzung geht davon aus, dass 25 % aller Hauptschüler bereits einen anderen ernsthaft verletzt haben.

Verrohung der Gesellschaft, Gewalttätigkeit um mittel- und unmittelbaren Umfeld der Jugendlichen, Armut und Verlust eines funktionierenden sozialen Gefüges – alles Gründe, die zu einem Absinken der Gewaltschwelle führen.

Um dieser Spirale der Gewalt Herr zu werden, nützen reine Repressionsmaßnahmen wenig. Diese haben nur dann einen Sinn, wenn parallel umfangreiche Programme in den Schulen anlaufen, unter Einbeziehung des gesamten Umfelds der Jugendlichen und ihnen selbst. Gesellschaftliche Änderungen dauern lange, doch muss man irgendwo anfangen. Wobei die aktuelle Lage in der Welt wenig Anlass zu Hoffnung gibt, dass diese Welt in absehbarer Zeit ein friedlicherer Ort wird…

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste