Gianni Infantino, der Egon Krenz der FIFA

Der Schweizer Gianni Infantino ist der neue Präsident der FIFA. Und außerdem der Mann, der am besten das korrupte System Blatter/Platini fortführen kann.

Ist das der Kopf des Neuanfangs oder der Zementierung des Status Quo bei der FIFA? Foto: Piotr Drabik / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Irgendwie erinnerte der FIFA-Kongress am Ende der letzten Woche an ein Familientreffen der Mafia. Der Interimspräsident, der den wegen Korruption gesperrten Präsidenten Sepp Blatter vertrat, steht selber im Feuer massiver Korruptionsvorwürfe, ebenso wie die meisten der Kandidaten für die Nachfolge des mehr als umstrittenen Wallisers, und die Lippenbekenntnisse, dass nun alles anders werden soll, glaubten vermutlich nicht einmal die Akteure, die bei diesem Kongress im Rampenlicht standen.

Der „Neue“, Gianni Infantino, ist so neu gar nicht. Abgesehen davon, dass man ihn als Generalsekretär der UEFA seit Jahren bei jeder Auslosung großer Turniere die Loskugeln im Glas mischen sieht und man sich vor allem deshalb an ihn erinnert, weil sein haarfreier Kopf hnlich glänzt wie die Loskugeln, ist Infantino ein treuer Mitstreiter eines Systems, mit dem er nun eigentlich aufräumen soll. Womit er dann so etwas ähnliches ist wie der Egon Krenz der FIFA, einer, der selbst so tief in ein auslaufendes System verstrickt ist, dass man ihm nicht zutrauen kann, es grundlegend zu verändern.

Aber das will die FIFA im Grunde ja auch gar nicht. Denn die FIFA ist nicht nur der Weltverband des Fußballs, sondern vor allem eine gigantische Geldmaschine (auch, wenn beim Kongress ein millionenschwerer Verlust für das letzte Geschäftsjahr ausgewiesen wurde). TV-Rechte, Merchandising-Rechte, alle möglichen anderen Rechte werden für Milliarden verkauft, die Vergabe der großen Turniere sind inzwischen ein reines Politikum (mit dem gerne totalitäre Potentaten wie Wladimir Putin oder die kuwaitischen Scheichs die Gelegenheit verkauft bekommen, sich positiv gegenüber der Weltöffentlichkeit zu präsentieren) – und überall geht es um das ganz große Geld.

Und so ist eben die menschliche Natur – wenn es um viel Geld geht, dann setzt man alles daran, an dieses große Geld heran zu kommen und jeder, der im Dunstkreis dieser Geldmaschine tätig ist, schaut zu, dass er das Maximum für sich selbst dabei heraus holt. Unter Gianni Infantino wird sich das vermutlich kaum ändern und wenn man am Wochenende bereits hört, dass der gesperrte und geschasste Sepp Blatter großzügig anbietet, dass er Gianni Infantino „helfen“ möchte, dann kann man sich ungefähr vorstellen, wie die „Reform“ der FIFA vonstatten gehen wird.

Auch Gianni Infantino wird sich persönlich in seinem neuen Job eine goldene Nase verdienen, die alten Seilschaften werden weiter im Hintergrund die Fäden (und die Schecks) ziehen und somit konkretisiert sich die Befürchtung, dass bei der FIFA alles beim Alten bleiben wird. Aber mal ernsthaft – hatte irgendjemand erwartet, dass das Big Business des Weltfußballs einen Prozess der Selbstreinigung durchlaufen würde?

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