Gleiche Ursache, gleiche Wirkung
Angesichts explodierender Kraftstoff-Preise wacht in Frankreich die Gelbwesten-Bewegung wieder auf. Zusammen mit anderen sozialen Konflikten ist das ein Pulverfass.
(KL) – So begann es auch 2018. Als die Benzinpreise immer weiter stiegen und es für viele Menschen im ländlichen Raum immer schwieriger wurde, mit dem Auto zur Arbeit zu fahren, entstand die „Gelbwesten-Bewegung“. Zunächst mit Aktionen an Verkehrskreiseln und Autobahnzufahrten, weiteren sich die Proteste landesweit aus und führten zu weit über 50 Demonstrations-Wochenenden in Paris und den Städten der Provinz, die immer radikaler wurden und zu teilweise heftigen Zusammenstößen mit der Polizei führten. Dies wird nun erneut passieren, wobei die Situation noch explosiver ist als 2018 – denn nun stehen die Chancen hoch, dass sich mehrere soziale Protestbewegungen zusammentun.
Proteste gegen den sanitären Pass, gegen den schleichenden Impfzwang, gegen die geplante Rentenreform, für den Klimaschutz und nun erneut gegen die explodierenden Benzin- und Energiepreise – das ist die Gemengelage, die das Ende der Amtszeit von Präsident Macron und Premierminister Castex charakterisieren könnte.
Am Wochenende hatten mehrere Gruppierungen erstmals seit Beginn der Pandemie die „Gelbwesten“ dazu aufgerufen, verkehrsbehindernde Aktionen an den Verkehrskreiseln des Landes zu organisieren, wobei der Schwerpunkt der Aktionen in der Bretagne und in den Departements am Atlantik lag. Das ist wenig verwunderlich, denn dort ist der ländliche Raum prägend und viele Menschen sind dort darauf angewiesen, zum Arbeiten in die wenigen Oberzentren zu fahren. Wenn man wenig verdient und das Benzin rund 1,70 € pro Liter kostet, dann ist die Frage des Benzinpreises durchaus existentiell. Wie 2018.
Sollte es zu einem (durchaus wahrscheinlichen) Zusammenschluss dieser verschiedenen sozialen Protestbewegungen kommen, wird es die Regierung schwer haben, diese bis zu den Wahlen im Frühjahr 2022 auszusitzen und ob sie Lust hat, den Wahlkampf im Superwahljahr 2022 mit Bürgerkriegsbildern zu untermalen, ist eher unwahrscheinlich.
Das Protestpotential dieser verschiedenen sozialen Bewegungen ist enorm. Zu Beginn der „Gelbwesten“-Proteste erklärten bis zu 70 % der Franzosen ihre Sympathie mit den Demonstranten, die Gegner des Impfpass und der Impfungen selbst stellen auch noch rund ein Viertel der Bevölkerung dar und wer heute in Frankreich über 50 ist, dürfte auch gegen die Rentenpläne der Regierung sein. Langsam stellt sich eher die Frage, wer keinen Grund hat, gegen diese Regierung zu demonstrieren.
Werden Herbst, Winter und Frühling erneut von Bildern geprägt werden, wie man sie eher aus totalitären Ländern kennt? Straßenschlachten, verletzte Polizisten und Demonstranten, eingeschlagene Schaufenster und brennende Innenstädte? Die Zeichen stehen auf Sturm und es bleibt zu hoffen, dass die Regierung mehr an Strategie aufzubieten hat, als ihre Prügeleinheiten in den Innenstädten gegen die aufgebrachte Bevölkerung antreten zu lassen. Die kalte Jahreszeit in Frankreich könnte heißer werden, als das manch einer wünscht…
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