Griechenland-Türkei – der Ärger ist programmiert

Die Kandidaten der Wahlen in diesen beiden Ländern appellieren an ein diffuses Nationalgefühl ihrer Wählerinnen und Wähler. Das verspricht nichts Gutes.

Kyriakos Mitsotakis ist der Wahlsieger in Griechenland. Aber noch nicht ganz... Foto: European Parliament / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Die Türkei bereitet sich auf den zweiten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen am 28. Mai vor und beide Kandidaten, Recep Tayyip Erdogan und Kemal Kılıçdaroğlu setzen auf die Karte des Nationalismus. Dabei geht es beiden darum, die Stimmen des nicht mehr in der Stichwahl vertretenen ultranationalistischen Kandidaten Sinan Ogan einzusammeln, der im ersten Wahlgang 5,17 % der Stimmen geholt hatte. So knapp, wie es zwischen Erdogan und Kılıçdaroğlu zugeht, könnten diese 5 % am Ende entscheidend sein. Folglich hört man aus beiden Lagern ziemlich extremistische Positionen, die man mit „Make Turkey great again“ umschreiben könnte. Diese nationalistischen Strömungen werden Auswirkungen auf Problemthemen wie Zypern (dessen nördlicher Teil immer noch von der Türkei besetzt ist), die Kurdenfrage und das Verhältnis zu Griechenland haben. Zumal Griechenland nach der Wahl am letzten Wochenende wohl kurz vor einer Neuwahl steht, da die konservativen Wahlsieger der Nea Dimokratia (ND) unter Premierminister Kyriakos Mitsotakis zwar mit 40,8 % der Stimmen die Wahl haushoch gewonnen hat, aber ohne Koalitionspartner dasteht. Eine Besonderheit des griechischen Wahlsystems sieht vor, dass bei einer Neuwahl die stärkste Partei 20 zusätzliche Sitze im Parlament erhält, was der ND ermöglichen würde, alleine zu regieren.

Warum aber werden diese beiden Wahlen in der Türkei und in Griechenland für neue Spannungen sorgen? Wer immer in der Türkei gewinnt und auch bei einer Alleinregierung von Mitsotakis werden die künftigen Regierungen in Ankara und Athen nicht umhin kommen, den stets wachsenden Anteil von Neonationalisten unter ihren Wählern zu „bedienen“. In der Türkei ist das nicht schwierig, denn seit Jahrzehnten schwelt dort der Ärger über die Zurückweisung der EU und in Griechenland ist es nicht schwer, nationalistisches Gedankengut zu bedienen, da die Nachbarschaft zur Türkei als permanente Bedrohung empfunden wird. Und schon sieht es so aus, als würde sich zwischen der Türkei und Griechenland ein neues Spannungsfeld auftun.

Da beide Länder auch mit massiven innenpolitischen Problemen zu kämpfen haben, droht die Gefahr, dass man in Ankara und Athen versucht, die inneren Unruhen so zu kanalisieren, dass sich der Unmut gegen einen „äuβeren Feind“ richtet und der ist in beiden Ländern schnell ausgemacht.

Die Wahlkampfaussagen Recep Tayyip Erdogans und Kemal Kılıçdaroğlus lassen nichts Gutes ahnen. Beide wollen im Falle eines Wahlsiegs massiv gegen die Millionen Flüchtlinge im Land vorgehen, beide wollen die Beziehungen zu Syriens Diktator Al-Assad wieder aufnehmen (damit dieser die vielen syrischen Flüchtlinge in der Türkei zurücknimmt) und wie sich die Türkei künftig zu China und Russland, ja selbst zur NATO positionieren wird, ist völlig unklar und zwar unabhängig davon, welcher Kandidat am 28. Mai gewinnt.

Die politische Zukunft Griechenlands ist da schon etwas klarer. Die Nea Dimokratia (ND) und ihr Spitzenkandidat Kyriakos Mitsotakis sind die eindeutigen Wahlsieger, auch wenn es nicht zu einer Regierungskoalition reicht. Die linke „Syriza“ des früheren Regierungschefs Alexis Tsipras verlor 11,5 % der Stimmen und liegt nur noch bei 20,0 % und ist damit kein Konkurrent mehr für die Nea Dimokratia. Interessant ist, dass die ehemalige sozialistische Regierungspartei PASOK wieder aus dem Nichts auftaucht und mit 11,5 % (+3,36 %) der Stimmen wieder dritte politische Kraft in Griechenland ist. Ist das der Beginn des Comebacks der PASOK?

Nun kann man nur hoffen, dass die politischen Veränderungen in der Türkei und in Griechenland nicht zu neuen Verwerfungen zwischen beiden Ländern führen. Die gesamte Region zwischen dem Nahen Osten und Zentral- und Osteuropa ist heute Krisen- und Kriegsgebiet und ein Aufflackern des Konflikts zwischen der Türkei und Griechenland hätte katastrophale Folgen für alle Beteiligten. Bereits Ende des Monats werden wir klarer sehen, wie es im östlichen Mittelmeer weitergeht.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste