Großbritannien jammert über die Folgen des Brexit

Ewig lange Warteschlangen im Hafen von Dover, aufgrund der Zollformalitäten in der Folge des Brexit. Außenministerin Liz Truss macht ausgerechnet Frankreich für das Chaos verantwortlich.

Sechs Stunden Wartezeit vor der Zollabfertigung in Dover - die Briten entdecken die Segnungen des Brexit... Foto: William Starkey / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Die spinnen, die Briten, sagte einst ein unbeugsamer Gallier und er ahnte gar nicht, wie Recht er hatte. Der Brexit, den die Tories durchgesetzt haben, hat natürlich Folgen an den britischen Grenzen. Und das führt besonders im Sommer zu langen Wartezeiten an diesen Grenzen, denn Großbritanniens Wähler wollten ja unbedingt wieder exakte Kontrollen haben, damit ja kein unerwünschter Ausländer die Insel betritt. Das wiederum führt zu langen Wartezeiten am Zoll, momentan bis zu sechs Stunden und Außenministerin Liz Truss, die aussichtsreich im Rennen um die Nachfolge von Boris Johnson ist, fällt nichts anderes ein, als Frankreich für das Chaos an den britischen Grenzen verantwortlich zu machen.

Man könnte jetzt natürlich lächeln und denken „selbst Schuld, niemand hat euch gezwungen, für diesen dämlichen Brexit zu stimmen“, doch so einfach ist das nicht. Denn Großbritannien ist gerade dabei, wichtige Bestimmungen des Brexit-Vertrags einseitig aufzuheben, da man es in London in den langen Jahren vor dem Brexit nicht geschafft hat, so etwas wie einen klaren Plan zu entwickeln, wie es danach weitergehen soll. Dass die Briten in einem Anfall extremen Nationalismus mehrfach für diesen Brexit gestimmt haben, ist eine Sache. Dass sie dabei von den Tories nach Strich und Faden belogen wurden, eine andere.

Dass nun ausgerechnet Liz Truss nach Sündenböcken für das eigene Versagen auf dem europäischen Kontinent sucht, verheißt nichts Gutes. Denn die Frau hat gute Chancen, die nächste britische Regierungschefin zu werden, da ihre grundlegend rassistischen und xenophoben Parteifreunde, die bis zum September per Briefwahl für die Nachfolge von Boris Johnson abstimmen werden, wohl kaum einen indischstämmigen Kandidaten wählen werden, nachdem sie mit dem Brexit Ausländern die Tür vor der Nase zugeschlagen haben. Mit den Äußerungen von Liz Truss wird deutlich, dass die Briten mit David Cameron, Theresa May und Boris Johnson noch gar nicht den Tiefpunkt der politischen Inkompetenz erreicht haben.

Intensive Zollkontrollen einzuführen und sich dann zu wundern, dass diese Zeit in Anspruch nehmen und dann Dritte dafür verantwortlich machen, das passt prächtig in das traurige Bild, das die britische Politik seit Jahren abgibt. Politik in Großbritannien ähnelt mehr einer Soap Opera als dem Management des Landes, das der Brexit gerade auseinanderreißt.

Doch sind weder der Brexit, noch die Tories, eine Naturkatastrophe. Die Mehrheit der britischen Wähler hat mehrfach für den Brexit gestimmt und sollte Liz Truss tatsächlich im September an die Macht kommen, dann deshalb, weil eine Mehrheit der Tories für sie gestimmt haben wird.

Dass die britische Regierung nun Frankreich für die Unannehmlichkeiten verantwortlich macht, die sie selbst an den britischen Grenzen geschaffen hat, ist unglaublich. Und verheißt wirklich nichts Gutes für die weitere Entwicklung der Beziehung zwischen Großbritannien und Europa.

Doch gäbe es eine einfache Lösung für diese Probleme – es würde reichen, wenn die Briten aufhören würden, systematisch diejenigen zu wählen, die ihnen diese Probleme einbrocken. Aber das ist wohl nur ein frommer Wunsch…

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