Großbritannien wird zum Schurkenstaat

Die britische Innenministerin Priti Patel hat die Auslieferungs-Anweisung für Julian Assange in die USA unterzeichnet. Nach der Logik der EU müsste der Folterstaat Großbritannien nun mit Sanktionen überzogen werden.

Großbritannien, die USA, aber auch Europa sind künftig in einem Atemzug mit Russland zu nennen... Foto: Cancilleria del Ecuador / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Der Fall Julian Assange zeigt wie kein zweiter die Verlogenheit europäischer Politiker, die sich einerseits für völlig unzureichende „Whistleblower-Gesetze“ selbst feiern, aber in den letzten 11 Jahren nicht den leistesten Versuch unternommen haben, Julian Assange vor der in britischen Gefängnissen erlittenen Folter und vor allem, vor der Auslieferung in ein US-Todesurteil zu schützen. Nun hat die britische Innenministerin Priti Patel, eine von Boris Johnsons Hardlinerinnen, die Auslieferung Assanges an die USA bestätigt und eine entsprechende Anweisung unterzeichnet.

Dadurch, dass Großbritannien der Auslieferung des Investigativ-Journalisten Julian Assange zustimmt, nachdem dieser jahrelang nach Einschätzung eines UNO-Beauftragten in Großbritannien gefoltert wurde, obwohl sich während des Prozesses herausstellte, dass die US-Regierung konkrete Pläne für die Entführung und auch die Ermordung Assanges vorbereitet hatte, stellt den aus der EU ausgetretenen Inselstaat ins weltpolitische Abseits. Einen Journalisten aufgrund längst entkräfteter und konstruierter Anschuldigungen zu foltern, und ihn dann an einen Staat auszuliefern, der seine Ermordung geplant hatte und den Mann für 175 Jahre (!) ins Gefängnis stecken will, das ist schlichtweg barbarisch. Großbritannien und die USA haben ebenso wenig in einer demokratischen Völkergemeinschaft verloren wie Russland. Doch weil es sich eben um Großbritannien und die USA handelt, schaut Europe kollektiv und peinlich betreten weg.

Wo sind sie denn, die Politiker, die sich in den letzten Jahren selbst für neue „Whistleblower-Gesetze“ gefeiert haben, deren Praxisbezug stark gegen Null geht? Wo ist der Aufschrei der selbsternannten „Beschützer“ der Whistleblower? Wo ist die knallharte Stellungnahme der EU, mit dem Angebot des „europäischen Asyls“ für Assange? Und warum wurde ein solches „europäisches Asyl“ nicht in den letzten Jahren ins Leben gerufen?

Die faktische Hinrichtung Assanges hat viele Verantwortliche und an seinem traurigen Ende tragen neben Großbritannien und den USA auch andere Länder die Schuld. Die faktische Abschaffung der Pressefreiheit, und damit ein Infragestellen der Demokratie, ist genauso das Werk unserer blutleeren Realpolitiker, die es stäflicherweise versäumt haben, sich für den Schutz von Julian Assange einzusetzen.

Naturlich werden weder die nationalen Regierungen, noch die europäischen Instanzen reagieren. Julian Assange wird den wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen Großbritanniens, der USA und Europas geopfert. Und das bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als dass die europäischen Verantwortlichen genauso korrupt sind wie ihre britischen Kollegen.

Angesichts des Umstands, dass sich die europäischen Regierungen nicht trauen, sich für Julian Assange einzusetzen, bleibt nur noch die Zivilgesellschaft, um den zynischen Briten, den verbrecherischen Amerikanern und den wie so oft versagenden Europäern ein Zeichen zu senden. Britische Produkte, Urlaub auf der britischen Insel, Kooperationen mit britischen Unternehmen sollten so lange komplett auf Eis gelegt werden, bis Julian Assange wieder frei ist. Großbritannien sollte ebenso aus dem Europarat ausgeschlossen werden wie das mit Russland passiert ist. Und da es unsere Regierungen nicht schaffen werden, die Stimme für Julian Assange zu erheben, sollte man ernsthaft über einen Generalboykott Großbritanniens nachdenken. Wenn man in Europa in der Lage ist, die russische Nomenklatur auch persönlich mit Sanktionen unter Druck zu setzen, sollte man jetzt das gleiche mit den Verantwortlichen britischen Politikern tun, also mit Cameron, May, Johnson, Patel und den anderen.

Am Tag, an dem Julian Assange tatsächlich an die USA ausgeliefert wird, steht Großbritannien auf einer Stufe mit Russland und sollte ebenso behandelt werden. Die Anstrengungen der USA und Großbritanniens, mit europäischer Unterstützung die Pressefreiheit abzuschaffen und damit auch die Demokratie, darf nicht unkommentiert durchgehen. Und irgendwann sollten auch bei uns die Politiker verstehen, dass der völlige Vertrauensverlust der Menschen in die Politik auch damit zusammenhängt, dass diese derart korrupt und menschenfeindlich agiert. So lange Assange nicht im Flugzeug ins Henkerland USA sitzt, müsste die europäische Politik alles unternehmen, um doch noch seine Freilassung zu erreichen. Wer an politischen Schaltstellen sitzt und dies unterlässt, macht sich ebenso persönlich schuldig am Schicksal Assanges wie Priti Patel.

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