Große Veränderungen im Eurodistrikt Strasbourg-Ortenau

Das große Stühlerücken im Eurodistrikt Straßburg-Ortenau hat begonnen. Was für einige Beobachter das Ende dieser Struktur bedeuten könnte, könnte auch ein Neuanfang sein.

Nach drei Jahren hohen persönlichen Einsatz wurde der Vertrag von Cordula Riedel nicht verlängert - die politisch Verantwortlichen wollen einen ambitionierten Neustart hinlegen. Foto: Eurojournalist(e)

(KL) – So, die Kollegen der Lokalpresse haben davon berichtet – zwei der drei Mitarbeiter des Generalsekretariats des Eurodistrikts Straßburg-Ortenau müssen zum Jahreswechsel gehen, darunter auch die Generalsekretärin Cordula Riedel. Allerdings, wie die Beigeordnete Bürgermeisterin für Internationale Angelegenheiten der Stadt Straßburg Nawel Rafik-Elmrini gestern im Gespräch betonte, handelt es sich keinesfalls um eine Entlassung, sondern um auslaufende Verträge, die nicht verlängert werden. Denn der Eurodistrikt will sich eine neue Ausrichtung geben.

Mehr Innovation, mehr eigene Projekte, mehr Initiativen – das sollen die künftigen Aufgaben des Generalsekretariats sein. „Die Entscheidung hierüber fiel im Vorstand einstimmig“, erklärt Nawel Rafik-Elmrini – es herrschte also Einigkeit bei den Abgeordneten, die in den Gremien des Eurodistrikts sitzen. Im Übrigen, so die Straßburger Bürgermeisterin, war man mit der Arbeit von Cordula Riedel sehr zufrieden, nur soll es eben jetzt in eine andere Richtung gehen.

„Schleudersitz“ – als solchen bezeichneten gestern Kollegen den Posten des Generalsekretärs des Eurodistrikts, doch damit wird nur unnötig Drama in eine Situation getragen, die für die Beteiligten ohnehin nicht einfach ist. Nach der Neubesetzung zahlreicher Ratsposten im Eurodistriktrat (nach Wahlen in der Ortenau und im Elsass), will sich der neue Rat nun umorientieren, hin zu mehr Effizienz und Sichtbarkeit, was allerdings auch voraussetzt, dass das Generalsekretariat in Kehl endlich auch einmal in Sollstärke arbeiten kann.

„Bisher“, so erklärt Nawel Rafik-Elmrini, „hat der Eurodistrikt vor allem Projekte Dritter begleitet und unterstützt. Doch genau dadurch hat er es innerhalb von vielen Jahren nicht geschafft, ein eigenes Profil zu gewinnen. Künftig möchten wir, dass der Eurodistrikt mehr eigene Projekte entwickelt, selber Initiativen ergreift, die der Eurodistrikt politisch und finanziell tragen kann. Selbstverständlich werden wir auch weiterhin Projekte der Zivilgesellschaft begleiten, doch uns nicht darauf beschränken. Wir wollen den nächsten Entwicklungsschritt dieser grenzübergreifenden Struktur starten.“

Im Grunde kann man es den Verantwortlichen nur schwer vorwerfen, dass sie nun einen Schnitt machen, Denn nach 10 Jahren Eurodistrikt wissen die meisten Menschen in der Region immer noch nicht, wer der Eurodistrikt eigentlich ist und was genau er macht. Dass man in einer solchen Situation einem neu zusammengesetzten Rat nicht verdenken kann, dass dieser sich zu neuen Ufern aufmachen will, ist klar. Bitter ist die Situation sicherlich für Cordula Riedel, die mit extremem persönlichen Einsatz für diesen Eurodistrikt gearbeitet hat und deren Vertrag nun nach drei Jahren nicht verlängert wird. Doch diese Entscheidung oblag dem Vorstand und dem Eurodistriktrat, die sich eindeutig für einen Neuanfang ausgesprochen haben. Dies schmälert weder die Verdienste von Cordula Riedel, noch macht diese Entscheidung aus der Situation einen Skandal, den mehrere Kollegen schon gewittert haben. Es bleibt allerdings zu hoffen, dass positive Neuerungen wie die Begegnungen zwischen Abgeordneten und Bürgern weiter geführt werden, auch in neuer Besetzung.

Der Aufbau einer solchen Struktur, in einem nicht immer einfachen politischen Umfeld, ist eine schwierige Angelegenheit. Statt den Eurodistrikt nun auf den Friedhof zu schreiben, macht es wesentlich mehr Sinn zu überlegen, wo und wie man sich einbringen kann, damit aus dieser Struktur am Ende doch ein Erfolg wird.

Die Kritiker, die meinen, dass man in Straßburg nicht allzu viel Wert auf die deutsch-französische Zusammenarbeit legt, sehen sich allerdings getäuscht. „Wir bereiten gerade intensiv eine Annäherung zwischen den Städten Straßburg und Freiburg vor“, verriet Nawel Rafik-Elmrini, „wir haben uns bereits mit dem Freiburger Kultur- und Sozialbürgermeister Ulrich von Kirchbach getroffen, der übrigens auch am 11. November bei der deutsch-französischen Aufführung in der Straßburger Oper war, was eine hohe symbolische Bedeutung für uns hat. Wir bereiten gerade ein intensives Arbeitsprogramm zwischen beiden Städte vor – was vielleicht zeigt, welchen Stellenwert die deutsch-französischen Realitäten für uns haben.”

Einfach war die deutsch-französische Zusammenarbeit nie. Aber – die neuen Perspektiven am Oberrhein geben durchaus Anlass zu Optimismus. Der Nachfolger oder die Nachfolgerin von Cordula Riedel wird sich allerdings an diesem enormen persönlichen Einsatz der bisherigen Generalsekretärin messen lassen müssen. Denn um ein solches Projekt voran zu bringen, ist ein solch hoher persönlicher Einsatz auch wirklich erforderlich. Doch sollte man nun als erstes abwarten, was der Eurodistriktrat als nächstes beschließt und wer das neue Generalsekretariat mit Leben füllen wird. Wer weiß, vielleicht klappt es ja doch noch mit dem „europäischen Labor am Oberrhein“.

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