Gut für Europa, schlecht für die Briten

Die Europäischen Institutionen haben eine „Task Force“ eingerichtet, die das Endspiel um den Brexit und die Beziehungen zu Großbritannien nach dem Brexit managen soll. Chef ist Michel Barnier.

Michel Barnier gestern im Europäischen Parlament. Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Gestern, im Europäischen Parlament in Straßburg, war das Hauptthema natürlich der Brexit. Allerdings fiel auf, wie unaufgeregt die europäischen Spitzenpolitiker mit dem Thema umgingen. In aller Ruhe bereitet sich die europäische Politik nun auf die nächsten Streiche von Boris Johnson vor. Hierzu wurde eine „Task Force“ der europäischen Institutionen eingerichtet, die der Mann leitet, der für diesen Job die besten Qualifikationen vorlegen kann – EU-Chefunterhändler Michel Barnier hat bislang in den Verhandlungen mit den Briten einen hervorragenden Job gemacht.

Die europäischen Institutionen tun nun genau das, was die Briten seit dreieinhalb Jahren hätten machen sollen – sie bereiten sich höchst professionell auf den Brexit vor. Nicht nur auf das, was in den nächsten Stunden, Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren aus London auf uns zukommt, sondern eben auch die Zeit danach. Dafür ist Barnier sicher der geeignetste Verhandler – bereits zu Beginn der Gespräche mit London 2016 machte er unmissverständlich klar, dass erst über den Brexit und dann eventuell über ein neues Handelsabkommen zwischen EU und dem Vereinten Königreich gesprochen werden kann. Theresa May hatte fest darauf gebaut, diese Reihenfolge umdrehen zu können, doch das schloss Barnier von vornherein kategorisch aus – zum Glück, sondern wäre die Situation jetzt noch schwieriger.

Interessant ist, dass der Brexit die europäischen Institutionen näher zusammenrücken lässt – so waren gestern gleich mehrere EU-Kommissare im Straßburger Parlament und stimmten sich mit den Kollegen und Kolleginnen des Parlaments ab. Auch Michel Barnier war in Straßburg unterwegs und sollte das Ergebnis des Breit-Gehampels sein, dass die europäischen künftig besser zusammenarbeiten, dann könnte man damit ganz gut leben. Allerdings ist eine solch enge Zusammenarbeit auch unverzichtbar – die Entscheidungen zum Brexit trifft letztlich der Europäische Rat (auch die Entscheidung, ob die Brexit-Frist über den 31. Oktober hinaus verlängert wird), allerdings muss das Gesamtpaket am Ende vom Parlament abgesegnet werden. Da ist es wichtig, dass die verschiedenen Institutionen eng kommunizieren und gemeinsam arbeiten.

Vielleicht gab es auch noch einen anderen Grund für die Anwesenheit von Michel Barnier gestern in Straßburg – Frankreich gehört mit Rumänien und Ungarn zu den Ländern, deren Kandidaten auf einen Kommissarsposten durchgefallen sind und folglich muss auch Frankreich einen Alternativ-Kandidaten zur gescheiterten Sylvie Goulard benennen. Da wäre Michel Barnier genau der richtige Kandidat, mit weitreichenden Erfahrungen und einer europäischen Bilanz, die nur wenige französische Politiker vorweisen können. Ob Barnier dieser Alternativ-Kandidat ist? Das wäre für Europa nicht die schlechteste Lösung.

So oder so, es ist schon einmal beruhigend, dass die Verhandlungen mit den Briten, wie es denn nach dem Brexit weitergehen soll, von einem Mann geführt werden, der nachgewiesen hat, dass er konsequent im Interesse der EU verhandelt, also in unser aller Interesse. Es hat in den heiligen Hallen von Straßburg und Brüssel schon deutlich schlechtere Personalentscheidungen gegeben.

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