Gut gedacht, (noch) schlecht gemacht…

Die Verbraucherkommission des Landes Baden-Württemberg fordert, die Einführung der „Elektronischen Patientenakte“ zu verschieben – denn noch überwiegen die Risiken die Vorteile.

Wie gesund wird nun die neue "Elektronische Patientenakte"? Foto: Piratenpartei / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0de

(KL) – Die Verbraucherkommission (VK) des Landes Baden-Württemberg ist eine Einrichtung, in der sich hochkarätige Fachleute aus dem Bereich Verbraucherschutz, Schlichtung und Politik regelmäßig treffen, um aktuelle Maßnahmen in diesem Bereich zu besprechen und fachkundige Empfehlungen abzugeben. So auch zum Thema der „Elektronischen Patientenakte“, die eigentlich zum 1. Januar 2021 eingeführt werden soll. Die VK empfiehlt dringend, diesen Termin zu verschieben, da die Idee einer solchen „Elektronischen Patientenakte“ zwar vielversprechend ist, doch in der aktuellen Ausgestaltung zu viele Risiken beinhaltet, was die Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern deutlich senken könnte.

So kommentierte Jürgen Stellpflug, Mitglied der VK: „In der zum 1. Januar 2021 vorgesehenen Ausgestaltung wird die [elektronische] Akte den Erwartungen nicht gerecht. Trotz 15 Jahren Entwicklungsarbeit weist sie zahlreiche Mängel auf, so dass derzeit die Nachteile und Risiken der Nutzung die Vorteile für Patientinnen und Patienten überwiegen!“. Ein harsches Urteil der Experten, die in dieser Kommission überparteilich und unabhängig agieren und nicht etwa die Interessen der einen oder anderen vertreten. Die Kommission empfiehlt daher dringend, die Einführung dieser Akte zu verschieben und die angesprochenen Probleme zu lösen, da ansonsten die Akzeptanz dieser eigentlich sinnvollen Neuerung in der Bevölkerung deutlich abnehmen könnte.

Doch welche Probleme mit dieser „Elektronischen Patientenakte“ meinen die Fachleute? Die wichtigsten Kritikpunkte der Verbraucherkommission sind:

• Mangelnder Schutz der extrem sensiblen Patientendaten
• Immer noch unbefriedigende Regelung der Zugriffsrechte
• Mangelnde Einsichtsmöglichkeiten für Versicherte
• Ein nach wie vor ungeklärter Zugriff auf Notfalldaten

Alle diese Fragen sind nach Ansicht zahlreicher Experten noch nicht geklärt und daher fordert die Verbraucherkommission, die Einführung der „Elektronischen Patientenakte“ für den Moment zu verschieben. Zudem fordert sie den Gesetzgeber auf, unverzüglich Nachbesserungen vorzunehmen. Diese müssen dazu führen, dass die Persönlichkeitsrechte der Patienten gewahrt werden und ein in sich stimmiges System gewährleistet wird.

Der Vorsitzende der Verbraucherkommission, Professor Tobias Brönnecke, formuliert die Kritik unzweideutig: „Durch den absehbar vermurksten Start besteht die Gefahr, dass die ‚Elektronische Patientenakte‘ bei Patientinnen und Patienten dauerhaft in Misskredit gerät“, sagte er.

Nun muss man hoffen, dass die Regierung auf die Experten hört und die offenbar überhastete Einführung dieser „Elektronischen Patientenakte“ tatsächlich verschiebt, bis diese Probleme behoben wurden. Doch offenbar will der Entwickler dieser „Elektronischen Patientenakte“ davon nichts wissen und verschanzt sich hinter administrativen Feinheiten, nach denen angeblich alles in Ordnung sein wird. Man darf gespannt sein, ob sich politische und finanzielle Interessen durchsetzen oder die Experten, die sich im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher geäußert haben. Also in unser aller Interesse.

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