Gut gedacht, schlecht gemacht

Eine der ersten Entscheidungen der neuen französischen Regierung ist die Beschränkung der Tabakmengen, die nach Frankreich eingeführt werden dürfen.

Glaubt die französische Regierung wirklich, dass die Menschen künftig den viel teureren Tabak in Frankreich kaufen? Foto: hh oldman / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Ab sofort, so eine in der Nationalversammlung abgenickt Maßnahme der neuen französischen Regierung, darf nur noch eine Stange Zigaretten aus dem Ausland nach Frankreich eingeführt werden, eine Entscheidung, die natürlich in den Grenzregionen Diskussionen auslöst. Doch diese Entscheidung zeigt vor allem eines – auch die neue Regierung agiert Lichtjahre entfernt von den Lebensumständen ihrer Landsleute.

Der Minister für den öffentlichen Haushalt, Olivier Dussopt, freute sich nach der Abstimmung, denn er geht davon aus, dass durch diese Beschränkung der Umsatz der Tabakhändler in Frankreich steigt und dass dadurch steuerliche Mehreinnahmen von 16 Milliarden Euro realisiert werden können. Träum weiter, möchte man ihm zurufen.

Wer sind denn die Menschen, die mit der Tram-Linie D von Straßburg nach Kehl fahren, um dort den bis zu 70 % günstigeren Tabak einzukaufen? Es sind überwiegend sozial schwache Menschen, die sich in Frankreich keine Tabakwaren mehr leisten können. Es sind nicht etwa Wiederverkäufer, die nach Kehl strömen, sondern Menschen, die den Preisunterschied nutzen, da sie sich ansonsten keinen Tabak mehr leisten können. Gewiss, speziell zwischen Luxemburg und Frankreich gibt es auch Tabakschmuggel, was an den dort noch extremeren Preisunterschieden liegt. Aber glaubt die französische Regierung ernsthaft, dass die neue Regelung dazu führen wird, dass die Franzosen weniger Tabak in Frankreich einkaufen werden und stattdessen die Kassen der französischen Tabakhändler klingeln lassen?

Doch die neue Beschränkung auf eine Stange (oder das Äquivalent in Tabak) ist nicht nur eine Aufforderung zum Schmuggel, sondern verstößt auch gegen europäisches Recht. Dem unterliegt auch Frankreich und dieses europäische Recht besagt in der Europäischen Richtlinie 2008/118/EC, dass die Tabakmenge, die von einem EU-Land in ein anderes transportiert werden darf, nicht eine, sondern vier Stangen Zigaretten beträgt. Präzise ausgedrückt: 800 Zigaretten, 400 Zigarillos, 200 Zigarren, oder 1 Kilogramm Tabak. Insofern stellt die neue Regelung einen Verstoß gegen europäisches Recht dar und dürfte vom Europäischen Gerichtshof (EUGH) bei der ersten Klage wieder einkassiert werden.

Es wäre nicht das erste Mal, dass der EUGH eine solche politische Entscheidung der französischen Regierung aufhebt. Bereits 2006 wollte Frankreich eine Regelung durchsetzen, mit der nur 5 Stangen Zigaretten „pro Fahrzeug“ eingeführt werden durften, doch 2013 verurteilte der EUGH Frankreich dazu, diese Regelung wieder aufzuheben. Genau das gleiche wird auch dieses Mal passieren und man muss sich die Frage stellen, ob die neue Regierung diese europäischen Richtlinien nicht kennt?

Doch als erstes wird nun eine Art Beschäftigungstherapie für die Polizei und den Zoll in den Grenzregionen eingeführt – Kontrollen, um den nun lukrativ gewordenen Schmuggel mit Tabakwaren einzudämmen. Als ob die Ordnungskräfte in diesen bewegten Zeiten nichts anderes zu tun hätten. Aber immerhin, auch die neue Regierung ist wenigstens auf der gleichen Linie wie die vorherige – es sind immer noch Amateure am Werk.

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