Gut und Gerne – 1, 2, 3: versteckt!

„Vivons heureux, vivons cachés“, steht auf einem Graffiti an der Wand. Glücklich leben, versteckt leben. Dystopische Deutungen wollen wir heute mal beseite lassen. Und so sonnenbeschienen wie an jenem heißen Augustabend hat es auch eher etwas Neckisch-Freundliches. Außerdem passt es rein objektiv zu der Location, um die es heute geht. Das „Phare Citadelle“.

Industrieller Charme und coole Graffitis - im "Phare Citadelle" in Strasbourg. Foto: Mats Meeussen / CC-BY 2.0

(Mats Meeussen) – Ein bisschen Hamburger Strand Pauli  in Straßburg. Aber gut versteckt. Auf einer industriellen Brachfläche und umzingelt von verschiedenen Neubauprojekten gibt es eine verwilderte Halbinsel. Möchte man sie betreten, gibt es eine Zufahrt, etwas eingewachsen, und da sie etwas kurvig ist, sieht man auch erst einmal nichts von dem „Phare Citadelle“, dessen Beschilderung zudem diskret ausgefallen ist. Keine Sorge, Sie haben sich aber nicht verlaufen oder verfahren – wie man spätestens an den vielen Fahrrädern vor einem großen alten Hangar sieht. Geht man dann durch das Tor, gibt es keinen Zweifel mehr: Aus großen Betonbausteinen gemauerte Bars, eine Kegelbahn, die irgendwie da reingestellt wurde, von der Decke herabhängende Boxen, die wohl auch live acts dienen können. Ein schöner Ort für Freunde des industriellen Charmes, an dem übrigens auch sonstige Events wie Flohmärkt stattfinden.

Doch am besten geht man zum gegenüberliegenden Tor wieder raus und sucht sich ein Plätzchen in der Abendsonne und am Wasser. Wer den industriellen Charme weniger mag, findet sein Glück an eher hübschen Tischen und Stühlen und richtet den Blick auf die vor ihm liegenden kleinen Yachten und bateaux de plaisance. Wer den Stil aber mag, setzt sich am besten auf eine Bierbank in der Nähe eines enormen alten Entlade-Krans und lässt die Augen über diesen, die bunten Graffiti auf der Backsteinwand des Hangars, das ebensolch gemischte Publikum und natürlich auch die Boote schweifen.

Dazu gibt es Holzspiele wie „Vier gewinnt“ im Riesenformat und natürlich Essen und Getränke. Am Abend des Tests unter anderem wirklich sehr gute Pizza von „Il Francese“, Hot-Dogs, die man auch erstaunlich liebevoll zubereiten kann, perfekt gezaptes Bier von Meteor, der einzigen großen Brauerei im Elsass, die immer noch in Familienhand ist, und hervorragenden Gin-Tonic vom französichen Hersteller Citadelle – nicht nur passend, sehr fein.

Preislich gibt es weder nach unten noch nach oben Überraschungen, es ist eben wie in einer „normalen“ Bar in Straßburg – aber schon verdammt lässig. Dass der Pizzadienst dann mit einem Car Sharing Lieferwagen fortfuhr, passt in den symapthisch improvisierten Rahmen – der aber letzlich sehr professionell läuft. Irgendwann soll die Halbinsel mal bebaut werden. Ob es dann noch so etwas in der Form oder überhaupt noch gibt? Besser jetzt mal hin.

Hinkommen kann man u.a. mit Tram, Rad und Boot. Viel Spaß!

P.S.: „Vivons heureux, vivons cachés“ ist das Fazit einer Fabel von Jean-Pierre Claris de Florian. Ein schöner Schmetterling wird von Kindern verfolgt, um ihn zu zerreißen. Da sieht ein weniger hübsches Insekt ein, dass es auch Vorteile hat, etwas diskreter zu leben. In der Tat ist eine dystopische Deutung des Satzes also nicht angezeigt.

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