Gut und Gerne – Chef(fe)esache

Mats Meeussen und Tochter Louiza Meeussen-Kastner bereiten sich seelisch auf das Déconfinement vor – in der Zwischenzeit erfreuen sie uns mit einem tollen Restaurant-Tipp und einem preisgünstigen Rezept, dass trotzdem edel schmeckt...

Diskreter Blick ins "Amuse Bouche" - Top-Gastronomie zu fairen Preisen... Foto: Mats Meeussen / CC-BY-SA 4.0int

(Mats Meeussen, mit tatkräftiger Unterstützung von Louiza Meeussen-Kastner) – Gleich vorab: mit dem heutigen Tipp verlassen wir wieder einmal den Preiskorridor zwischen zwei und fünf Euro – logisch, ist eben ein Restaurant. Noch dazu nehme ich Sie mit in das im noblem Straßburger Stadtteil Contades gelegene „Amuse Bouche“ und damit ins klassische französische Gourmetuniversum, wo das Restaurant auch im legendären Gault-Millau-Führer zu finden ist. Seit dem 27. April bietet es nun wieder raffinierte Speisen – zum Mitnehmen natürlich. Mit 13 Euro sind Sie dabei, was, gemessen an der Qualität und dem für Restaurants heiklen Kontext, ein mehr als fairer Tarif ist. Falls Sie zu weit weg wohnen, als dass das To-Go eine Option für Sie sein könnte, gibt es am Ende der heutigen Kolumne ein Gourmet-Rezept zum Selbermachen, das kaum einfacher sein könnte – und preislich zwischen zwei und fünf Euro angesiedelt ist.

Ich erinnere mich noch gut, als ich an einem finsteren, kalten Februarabend vor ein paar Jahren zum ersten Mal das „Amuse Bouche“ kennenlernte. Ich ging über den Pont du Contades, links vor mir hohe Häuserfronten, rechts der Park mit nicht minder hohen, alten Bäumen. Und plötzlich auf der bebauten Seite eine Art Puppenstube, klein, erleuchtet, einladend gelb gestrichen. An diesem Abend, an dem die hohen Häuser und Bäume mich fast drohend umstanden, war es wie ein freundlich gestalteter Einstieg in die Welt von Alice im Wunderland.

Und so furchtlos und neugierig, wie Alice einst dem weißen Kaninchen ins Wunderland folgte, so muss auch die Köchin, also die Cheffe (frz. fem. für Chef) Stella Layen ihren beruflichen Weg verfolgt haben. Denn immer noch ist es eine Seltenheit, dass Frauen Chef-Köchinnen in Gourmetrestaurants sind und eine Ausbildung dazu angehen. Aufgrund dieser Erfahrungen engagierte sie sich auch im Verein «Femmes… chefs de cuisine», der weitere Frauen ermutigen will, ebenfalls ihrer Passion nachzugehen, ohne dass die Position einer „commis cuisine“ die höchste Karriereausbaustufe sein muss. Und in der Tat, das scheint nötig, denn in Frankreich bekamen zum Beispiel 2019 insgesamt 68 Restaurants ihren ersten Michelinstern, nur 11 waren von einer Köchin geleitet. In Deutschland waren es 2017 neun von insgesamt 300-Michelin-Sterne-Restaurants.

Und dass, obwohl in den letzten 20 Jahren viel geschehen ist. Gut also, dass es also Frauen wie Stella gibt. Stella schlug ihren Weg 1996 ein, 2002 machte sie mit ihrem Mann Sébastien nach Erfahrungen in einigen Gourmet-Küchen das „Amuse Bouche“ auf, mit 24 bzw. 28 Jahren. Ganz schön mutig von den beiden, wie ich finde. Ebenso, das Ganze später mit Zwillingen zu kombinieren. Wo ein Wille, da ein Weg – ein gutes Motto auch dieser Tage.

Dabei kommt alles entspannt ‘rüber, Sébastien, der im Saal waltet, ist ein perfekter Gastgeber. Weniger ein schulterklopfender-ultrajovialer Patron, als eher der Typ würdevoller Sommelier (ach ja, es gibt entsprechend delikate und auf das jeweilige Essen abgestimmte Weine), dem man anmerkt, dass es ihm ein ehrliches Anliegen ist, seine Gäste wunschlos glücklich zu machen.

Entsprechend war auch der Empfang im jetziges Krisenmodus gestaltet, als ich am vergangenen Mittwoch das Essen abholte, freundlich-rücksichtvoll wurde zum Beispiel das Kartenzahlmaschinchen sowohl vor als auch nach meiner Benutzung von ihm desinfiziert, Handspender standen zur Verfügung, Tische so in die Tür gestellt, dass man gar keine andere Wahl hatte, als den richtigen Abstand einzuhalten, obwohl die Pforte äußerst einladend offenstand, stilvoll eingerahmt von Raff-Vorhängen.

Die Speisen zum Mitnehmen waren mit einer genauen Anweisung zum Aufwärmen beschriftet, Fisch und Fleisch schmeckte man seine Frische an, die Saucen und Beigaben so fein und originell abgestimmt, wie es eben nur ein großer Chef, pardon eine große Cheffe, hinbekommt und man merkt, dass man das trotz einer gewissen Begabung nicht selber ist (es gab Ballottine de volaille farcie aux épinards et pignons de pin, mousseline de champignons, bzw. Goujonnettes de merlan meunière, risotto venere et bouillon de parmesan für je 13 Euro, Aktuelles finden Sie HIER).

Irgendwann wird man wieder ins Restaurant gehen können. Bis dahin sollten wir, wenn wir es uns leisten können, Angebote wie dieses unterstützen.

Man kann übrigens auch Gutscheine für später kaufen und damit helfen, die Krise abzufedern. Auch, um uns dann auf das freuen, was ein Restaurant neben gutem Essen ausmacht. Für mich ist das immer der Eintritt in eigene kleine Welt, die ich mir passend zu meiner Stimmung aussuche und in der ich mich verwöhnt fühle. Die Einrichtung des „Amuse Bouche“ ist zeitlos-elegant gehalten, geschmackvoll-edle Details erfreuen das Auge, wie etwa die Speisekarte als kleines Riesenrad aus Silberrähmchen, verschiedene Salze in Reagenzröhrchen, minimalistische Pflanzen, Schwarzweiß-Fotos von Karl Blossfeldt. Warme Farbtöne, gedämpftes Licht in einem kleinen, intimen Rahmen.

So, und jetzt das Express-Gourmet-Rezept für alle, die nichts beim „Amuse Bouche“ abholen können:

Investieren Sie in korrekte Spaghetti (für 3 Personen nehme ich 250-300 Gramm).
Kochen Sie diese nach Ihrem Belieben al dente oder fondante in Salzwasser.
Abgießen, abschrecken, rein in den tiefen, großen Teller.
Oben drauf ein Stück Butter, mindestens groß wie Ihr kleiner Finger, etwas frisch geschroteter Pfeffer, etwas Salz.
Und nun: Trüffelöl (vorzüglich und gut über das Netz zu bekommen ist etwa die Spécialité auf Basis von Aromatisiertem Olivenöl Extra 99,82% von Oliviers & Co. für 8,50 Euro, hier reichen etwa bei drei Portionen 25 ml, also liegen wir pro Nase bei 1,42 €).
Nach Bedarf noch einen Schuss normales, aber mildes Olivenöl hinzugeben. Ca. 2-3 EL frisch geraspelten Parmesan drüber, dann unterrühren.

Selbst bei sehr ordentlichen Zutaten liegt die Portion dann bei ca. zwei Euro. Eintritt ins Gourmetuniversum inklusive.

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