Gut und Gerne: Die Kladde
Die Quadratur des Kreises – Mats Meeussen füllt die Serie „Gut und Gerne“ auch aus dem Homeoffice mit Leben! Das ist schon die halbe Miete, um unbeschadet durch diese Wochen zu kommen!
(Von Mats Meeussen) – Das Leben vor dieser Krise war nicht selten hektisch. Das ging mir so, das wird vielen von Ihnen ebenso gegangen sein. Hektik gibt es auch jetzt: es gilt im home office seinen Beitrag zu leisten, damit im Betrieb alles so gut wie möglich weiterläuft, daneben wollen die Kinder bespaßt oder sollten weitergebildet werden, Essen muss zubereitet werden, und ja, auch die Hygiene kostet Zeit. „Gut und Gerne“ widmet sich deshalb heute einem Objekt, das von guter Qualität sein sollte und das man gerne zückt: einer Kladde, in der man Wichtiges festhält. Eine sehr persönliche Gebrauchsanleitung – für jetzt und später. Und: einen Schwenk zur Gastronomie gibt es heute in dieser Kolumne doch schon wieder.
2016 war ein krasses Jahr, ich arbeitete wie blöd. Manchmal muss das sein. Es war auch davor nicht wenig gewesen, aber 2016 brachte mich zum Nachdenken, wie ich die Prioritäten in meinem Leben definiere. 2017 fing ich an, das Ganze systematischer anzugehen: Auf Radtouren und Spaziergängen machte ich mir in meinem Smartphone Notizen zu meinen Gedanken. Getreu dem heiteren Motto dieser Kolumne auch über positive Erkenntnisse. Da war einer meiner besten Freunde, den ich vor lauter Beschleunigung massiv vernachlässigt hatte. Und der 2016 voll hinter mir stand, als ich ihn bat. Ich war einfach nur dankbar und beeindruckt. Beschleunigt war mein Leben immer noch, ist es noch. Wie es also besser machen in der Zukunft? Den Beobachtungen, mit denen ich die Notizfunktion meines Smartphones fütterte, mussten also Schlussfolgerungen folgen. Die auch Ihnen dienen können.
So kaufte ich also eine Kladde. Ich teilte sie in Kapitel ein, alle 20 Seiten ein neues. Titel wie: Freundschaften, Familie, aber auch wie: Beruf, Finanzen, Umweltbewusstsein… und vieles mehr. Geht Sie ja nicht alles was an. Und jedes Kapitel beginnt mit einem Regelkatalog.
Beispiel: Oben genannten Freund traf ich vorher ungefähr einmal im Jahr. Er wohnt in Saarbrücken. 120 Kilometer von mir. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Ich reise beruflich und aus familiären Gründen viel, so dass ich eine Aversion habe, auch noch am Wochenende Kilometer zu fressen. Dennoch setzte ich mir die Regel, ihn fortan mindestens viermal im Jahr zu sehen. Jetzt sehen wir uns viermal „unter Herren“ und zweimal mit Familie – mindestens!
Damit kommen wir auch zu dem eingangs versprochenen Schwenk zur Gastronomie. Denn diese ist hier auch ein Schlüssel – unsere Herrenabende finden immer auf halber Strecke statt, unter der Woche abends. 60 km sind da etwas ganz anderes als 120 km. Unser vorläufiges Highlight möchte ich mit Ihnen teilen: Phalsbourg. Auch dies ein Ort deutsch-französischer Geschichte: man könnte auch Pfalzburg sagen. Abseits der gängigen Touristenrouten, aber überhaupt nicht tot und öde. In der Nähe des großen Garnisonsplatzes, dem Zentrum der Stadt, finden sich unterschiedlichste Restaurants, von der Wein-Tapas-Bar über stylisch-moderne Kochkunst bis hin zum traditionell-feinen Rahmen unseres Favoriten, dem Erckmann-Chatrian.
Auch abends gibt es dort ein respektables Menü für unter 16 Euro (z.B. Pâté en croûte de Denis; Merlan frit et sa pomme de terre écrasée; Biscuit Ananas et sa Crème au Rhum), wir nehmen meist die Kategorie darüber für 24 Euro (z.B. Œuf Poché, en surprise d’Ail des Ours; Magret de Canard à l’Orange, Polenta et Légumes d’Alsace; Notre revisite de la Tarte au Citron), denn es ist immer eine Feier für uns, uns zu sehen. Dabei vertrauen wir auch immer dem Rat, was wir trinken sollen – egal, wer uns bedient hat, es war immer vorzüglich, manchmal eine echte Entdeckung (und ging für uns Autofahrer auch als Glas).
Wir waren jetzt schon so oft da, dass wir bei Reservierung an kalten Tagen darum bitten, einen Tisch in Nähe des gewaltigen Kamins zu bekommen. Auf eine sehr gute Weise erinnert es mich an die Restaurants, in die meine Großmütter in den behäbigen 80er-Jahren zu besonderen Anlässen zum Sonntagsfamilienmahl einluden. Nicht falsch verstehen, das Erckmann-Chatrian ist nicht eine muffelige Klitsche, in der sich seit den 80ern nichts getan hat. Im Gegenteil. Aber es hat etwas Anheimelndes, Geborgenheit gebendes. Nicht nur wegen des Kamins.
Herrenabende sind gut und müssen sein, aber irgendwann wollen wir da auch mit unseren Frauen und Kindern hin. Das zugehörige Hotel wird dann auch getestet werden. Und die Wandermöglichkeiten sind vielsprechend: Klicken Sie sich jetzt schon mal durch und stellen Sie sich die Landschaft vor. Oder wen Sie nicht so der Wanderer sind: die Vauban’sche Garnisonsstruktur gibt dem Städtchen mit seinem roten Sandstein ein besonderes Gepräge. Auch hier rate ich schon jetzt zu einer kleinen Reise mit dem Internet. Und schauen Sie doch mal, was Vauban, dieser Baumeister unter Louis XIV sonst noch so gebaut hat und wie – in vielen Teilen Frankreichs, in manchen Deutschlands.
Es kommt eine Zeit nach der Krise. Da können wir das alles wieder mit allen Sinnen genießen. Einstweilen im Kopf. Bleiben Sie stark und gesund! Ich melde mich mit neuen Ideen – und nutzen Sie doch auch mal diese komische Zeit, um sich eine Kladde anzulegen, für die wichtigen Sachen im Leben.
Und schauen Sie ruhig schon mal bei Ihren künftigen Gastgebern ‘rein – indem Sie HIER KLICKEN!
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