Gut und Gerne reloaded: the embedded series

Mats Meeussen testet eigentlich im Rahmen der Serie "Gut und gerne" Restaurants und In-Locations in und um Strasbourg für Eurojournalist(e). Das geht nur leider momentan nicht. Aber untätig bleibt Mats Meeussen deshalb noch lange nicht...

Mats Meeussen ist erfinderisch - mit oder ohne Kölsch, man kann das Beste aus der Situation machen... Foto: Mats Meeussen / EJ / CC-BY-SA 4.0int

(Von Mats Meeussen) – Gut und Gerne – diese Kolumne startete am frühen Morgen des 11.03.2020, in einer anderen Wirklichkeit. Im Laufe des Vormittags wurde dann die Region Grand Est vom Robert-Koch-Institut in Berlin als Risikogebiet eingestuft. Keine gute Zeit, um eine Gastronomie-Kolumne zu starten, die Restaurants im Grand Est empfiehlt… Mit dieser Einstufung war auch klar, dass es verdammt Wichtigeres zu berichten geben würde. Dass es zudem unverantwortlich gewesen wäre, Leute jetzt auch noch ins Restaurant zu schicken, wurde mir schneller klar, als es mir lieb war. Seit dem 12.03.2020 habe ich mich selbst in ein striktes Homeoffice in Straßburg verfrachtet. Und seit dem 13.03.2020 brüte ich, wie diese Kolumne umgebaut werden könnte. Aus einem Drang heraus, etwas Positives auszusenden. Um unter demselben Motto, gut und gerne, Menschen Mut zu machen und Freude zu schenken.

Eine Freundin leitete mir am Abend des 13.03. einen Screenshot weiter. Schlagzeile: „Ins Freie gehen – Flaschenbier trinken.“ Zitiert wurde Professor Christian Drosten, Virologe der Berliner Charité, aus einem NDR Podcast.

Fast zeitgleich entdeckte ich mit Begeisterung das Video einer Pressekonferenz des Coachs des SC Freiburg zu Fußball und Corona. Mit deutlichen Worten mahnte er an, nicht jeder solle jetzt seinen Senf abgeben, sondern man solle auf Experten hören, die hätten es schon schwer genug.

Am frühen Nachmittag des 14.03. machte ich einen Spaziergang durch Strasbourg und hatte plötzliche eine Idee, inspiriert von diesen beiden Statements: Dem Expertenrat folgen und die Leute flaschenbiertrinkend und spazierend durch die Stadt schicken – um dabei etwas über deren Geschichte zu erfahren. Durch das Bier wäre auch noch eine Prise des ursprünglichen „Gut und Gerne“-Konzepts drin…

Gedacht, getan. Ich kaufte bei „Le Village de la Bière“ ein, einem Altstadt-Laden, in dem es Bier aus aller Welt gibt (ein Tipp für einen Einkauf nach der Krise… ). Und begab mich auf einen Spaziergang mit einem Kölsch! Warum? Mein Name verrät es vielleicht, ich komme ursprünglich von viel weiter unten am Rhein her und bin daher nicht nur diesem Getränk sehr zugetan, sondern auch der dazugehörigen Stadt, Köln.

Das Rheinland liegt mir mächtig am Herzen, auch wenn ich in Strasbourg heimisch geworden bin und mir durchaus vorstellen könnte, immer hier wohnen zu bleiben. Das ist auch jetzt so, im „confinement“, dem weitgehenden Eingesperrtsein in meinen vier Wänden. Aber wie das so ist, wenn man nicht mehr raus darf, möchte man es auf einmal. Passt übrigens zu dem Straßburger „Hans im Schnookeloch“, dem Protagonisten eines populären elsässischen Volkslieds. Ein Typ, „der àlles hät, wàs er will! Un wàs er hät, dess will er nit, un wàs er will, dess hät er nit.“ Menschlich, dürfte gerade vielen von uns so gehen.

Hilft aber nichts, da muss man kreativ werden. So gibt es zum Beispiel ein Stück Köln in Strasbourg. Die Hauptpost. Als in Strasbourg die sogenannte Neustadt im ausgehenden 19. Jahrhundert aus dem Boden gestampft wurde, standen zahlreiche Gebäude aus allen Ecken Deutschlands Pate. Dem Kaiser und seiner Entourage soll wohl besonders die Kölner Post gefallen haben, so dass ein stark davon inspiriertes Gebäude entstand. Zum Glück ist ein solches Wettrüsten heute Geschichte zwischen Deutschland und Frankreich, aber ganz wertfrei ist mit der Neustadt ein Viertel entstanden, das architektonisch viel zu bieten hat, ziemlich einmalig ist und gerade erst 2017 zum UNESCO-Weltkulturerbe wurde. Ich freute mich also wie Bolle bei meinem kölschen Spaziergang, hierüber zu schreiben. Und für die nächsten Folgen hatte ich auch schon eine Idee: Ein Zarskaja Gold gegenüber der frisch erbauten orthodoxen Allerheiligenkirche im Conseil-des-Quinze-Viertel. Zwischen den Hochhäusern der Esplanade ein Picknick mit einer Ampelmann-Currywurst im Glas, die ich mir noch vor wenigen Wochen aus Berlin mitbrachte – mit etwas Fantasie ist das ein bisschen wie Frankfurter Allee und Umgebung, die UFO-hafte Église du Christ Ressuscité müsste dann halt als Kosmonautenklub herhalten.

Am Abend zuhause wurde mir aber erneut ein Strich durch meine Reinterpretation von „Gut und Gerne“ zu „Spazieren und Genießen“ gemacht. Macron kündigte für den Folgetag, den 15.03., ab 12 Uhr, ein umfangreiches Ausgehverbot an. Spazieren und Bier trinken damit eher schlecht.

Und da sind wir wieder bei Herrn Streich vom SC Freiburg: Expertenrat befolgen. Deshalb werden Sie und ich das jetzt anders machen: Setzen Sie sich vor Ihrem PC und lesen Sie, was die Neustadt zu bieten hat, schauen Sie sich die Fotos an. Hier ist der Link dazu (nutzen Sie zum Übersetzen doch mal das hier, Sie werden begeistert sein). Reisen Sie im Kopf. Bier dazu. Oder was Sie wollen. Und wie stets: Gut und Gerne! Auch in den eigenen vier Wänden. Es liegt im Auge des Betrachters. Bleiben Sie stark und gesund! Ich melde mich mit neuen Ideen.

P.S.: Mein tiefes Mitgefühl für alle Restaurants und alle Unternehmen, die hart getroffen sind. Das möchte ich nicht relativieren, auch wenn ich mit dieser Kolumne etwas Freude in diese Tage bringen möchte.

Mein „confinement“ sehe ich durchaus als Privileg und nicht als Strafe – an dieser Stelle meine Hochachtung für jene, die das nicht können oder dürfen: Klinikpersonal, Kassierer, Lastwagenfahrer, etc. – und mein Appell an alle Arbeitgeber, wirklich soweit wie möglich homeoffice zu ermöglichen.

Bitte die Empfehlungen von Professor Drosten, des Robert-Koch-Instituts etc. bzw. der französischen Pendants immer auf dem neuesten Stand checken – was heute gilt, kann morgen anders zu beurteilen sein.

P.P.S. (um mit einer leichteren Note zu enden): Es gibt auch sehr viel Nettes und Lustiges, was passiert, wenn man „confiné“ ist. Mit dem Nachbarn über mir, einem frischpensionierten und äußerst distinguierten Professor tausche ich viele Sachen per WhatsApp aus. Eine davon eine Sequenz aus einem Bud-Spencer-Film: „Du hältst durch, und ich halte durch, und dann gehen wir einen saufen“. Ich habe ihm das als Aufruf geschickt. Er sagte zu. Auch dafür wird dann gelten: Gut und Gerne. Und wahrscheinlich gehen wir davor essen. Bis zur nächsten Kolumne für Lebensfreude in dieser Krise!

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