Gut und Gerne – Treffen bei der Ex

Mats Meeussen schlägt ein Essen bei der oder dem Ex vor. Ob der oder die Neue das so richtig toll findet? So, wie Mats Meeussen das erklärt, vermutlich schon...

Ein ausgefallener Name, gutes Essen - ein richtig nettes Ambiente bei "Chez mon ex". Foto: Mats Meeussen / CC-BY-SA 4.0int

(Mats Meeussen) – Neulich. Sie: Wo wollen wir essen gehen? Er: Chez mon ex. Übersetzt heißt das: bei meiner/m Ex; die französische Sprache lässt keinen eindeutigen Schluss auf das Geschlecht zu, also ein Scherz, dessen sich Straßburger Paare wechselseitig bedienen können, wenn sie ins „Chez mon ex“ gehen. Name und Scherz mögen post-pubertär sein, persönlich finde ich es eher lustig. Ähnlich wie eine Einladung „Zu mir oder zu dir“, wenn man am Prenzlauer Berg unterwegs sein möchte. Man muss es aber nicht lustig finden und kann es trotzdem schätzen lernen, denn Rahmen und Essen stimmen einfach chez mon ex. Auch meine Schwiegereltern sind begeistert.

Was ist bei einem Restaurant wichtig? Natürlich das Essen. Aber es gibt Menschen – wie mich – die Restaurants auch deswegen aufsuchen, weil sie Lust auf eine bestimmte Atmosphäre haben, die man so in den eigenen vier Wänden eben – bewusst – nicht hat. So manche Deko kann für einen Abend verzaubern, Tag für Tag würde sie eher nerven. Wie schön also, dass Restaurants ein Eintauchen in Stile und Stimmungen auf begrenzte Zeit in Perfektion ermöglichen.

Das „Chez mon ex” am Straßburger Boulevard de la Victoire bietet klassisches und zeitgeistiges Essen zu fairen Preisen, in guter Ausführung, mengenmäßig absolut ok. Solider Chic sozusagen.

Wer die post-pubertären Wortspiele mag, wird auch bei Lektüre der Karte schmunzeln (Elle est soupe au lait = Sie ist Milchsuppe, will heißen sie ist mies drauf = Tagessuppe; Mon ex est un cordon bleu = mein Ex ist ein super Koch = Cordon Bleu ; Plate comme une planche à repasser = Flach wie ein Brett = Carpaccio; Tronche de cake = Hohlkopf = Stück Kuchen).

Wer nicht, wird dennoch etwas nach seinem Gusto finden. Die Karte ist zwar nicht übergroß (finde ich gut, spricht für Frische der Zutaten, die man hier auch schmeckt), bietet aber etwas für eine breite Palette an Geschmäckern, von fleischbetont (z.B. Burger, Carpaccio), fischig bis vegetarisch (jeweils z.B. Poke Bowl, Salate). Und obendrein immer sehr variantenreiche Tagesgerichte, mit einem Preis von ca. 10 Euro relativ günstig zu haben.

Zur Atmosphäre: Schwarze Wände, bunte Mosaike mit unterschiedlichsten Kacheln, zerbrochenes Geschirr als Ornamente und Tribut an den finalen großen Streit mit dem oder der Ex. Klingt vielleicht komisch, ist aber warm, gemütlich und stilvoll zugleich, Elemente von minimalistischen nordischen Design sind vorhanden, stets mit „la french touch“.

Sehr empfehlenswert auch die kleine Terrasse auf dem Trottoir davor, vor einer mehr als hundertjährigen, edlen Fassade der so genannten „Neustadt“, ab und an rauscht die Tram vorbei, in der Nähe sieht man die historischen Bains Publics, angenehm urban – so schmeckt Straßburg jenseits der ausgetretenen Touristenpfade. Und wenn Sie etwas länger bei Kaffee oder Cocktail bleiben wollen – es gibt Gesellschaftsspiele allenthalben in diesem Laden.

Überzeugt? Dann mal ran an die Buletten, verehrte Leserinnen und Leser. (Der musste jetzt sein).

P.S.: A propos Gesellschaftsspiel: kreieren Sie doch Ihr eigenes. Etwa mit Karteikarten mit Fragen an Ihre Freunde, die mit ins Restaurant gehen. Und warum nicht zu aktuellen Fragen wie:

Was haben die letzten Monate an Positivem offenbart? (Antwort z.B.: Meine Nachbarn sind noch viel netter als ich dachte. / Bestimmte Freunde und Familienmitglieder haben sich als verdammt wertvoll erwiesen / Alte und neue Verbindungen sind aufgeblüht, die nun zu bewahren sind.) Welche Besonderheiten, die während des lockdowns zu Tage traten, will ich in den Alltag integrieren, egal was jetzt kommt? (Antwort z.B.: Ich hab Spaß an Kochen bekommen, also weiter so.)

Nur Beispiele. Und nur eine Anregung. Die keinesfalls anmaßend sein will. Covid-19 ist nicht toll, der lockdown war für viele alles andere als schön. Aber wo wir den Salat nun schon mal haben, wäre es schade, nicht das ‘rauszuziehen, was gut war und ist.

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