Gute Ideen aus Straßburg

Zwar verschärft sich der Ton im OB-Wahlkampf in Straßburg sechs Wochen vor dem ersten Wahlgang, aber es kommen auch gute Vorschläge auf den Tisch.

Moderator Pascal Coquis (DNA), Jean-Philippe Vetter (LR), Chantal Cutajar (CE), Alain Fontanel (LREM) und Moderatorin Véronique Leblanc (La libre Belgique). Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Zwischen den Kandidaten und Kandidatinnen für den OB-Sessel in Straßburg verschärft sich der Ton. Das ist schade, denn die Reibereien zwischen den Kandidaten und Kandidatinnen überdecken ein wenig die Tatsache, dass speziell zur Frage der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und des Sitzes des Europäischen Parlaments gute Ideen auf den Tisch kommen. Schade, dass mehr über persönliche Befindlichkeiten als über diese Ideen diskutiert wird.

Die Podiumsdiskussion, die der Verein „Strasbourg pour l’Europe“ am Montagabend in ERAGE in Straßburg organisiert hat, sollte eigentlich alle Kandidaten und Kandidatinnen zusammenbringen, damit sich die Straßburger ein Bild ihrer Positionen zu den Themen „Europa“ und „grenzüberschreitende Zusammenarbeit“ machen können. Doch nachdem kurzfristig die grüne Kandidatin Jeanne Barseghian einen anderen Termin bevorzugt hatte und auch der PS-Kandidat Mathieu Cahn erkrankt war, waren am Ende „nur“ Alain Fontanel (LREM), Jean-Philippe Vetter (LR) und Chantal Cutajar (Citoyens engagés) zu dieser Diskussion erschienen – und Catherine Trautmann, die ehemalige Kulturministerin und Bürgermeisterin von Straßburg, die auf der Liste von Mathieu Cahn steht. Nur – die Einladung war an die Spitzenkandidaten und -Kandidatinnen ausgesprochen worden und nach der Absage von Jeanne Barseghian hatten es die Veranstalter abgelehnt, dass diese sich auf dem Podium vertreten lässt. Gleiches galt entsprechend auch für Catherine Trautmann, die zwar sicherlich die kompetenteste Europa-Kennerin im Saal, aber eben nicht eingeladen war. Geschickt nutzte die Vollblutpolitikerin Trautmann diese Situation, um lauthals gegen die „undemokratische Vorgehensweise“ der Organisatoren zu wettern – und das war dann der Scoop. Nicht etwa die interessanten Vorschläge, die von den Kandidaten kamen.

Vielleicht war es auch nicht so geschickt, dass Organisator Pierre Loeb die Veranstaltung mit einer Lobeshymne auf die beigeordnete Bürgermeisterin Nawel Rafik-Elmrini eröffnete, die für LREM auf der Kandidatenliste steht und in Straßburg alles andere als unumstritten ist. So entstand bei vielen der Eindruck, es handele sich um eine LREM-Wahlveranstaltung, was allerdings nicht geplant war.

Sehr überraschend war es nicht, dass die Kandidaten alle für Europa in Straßburg sind – das Gegenteil hätte verwundert. Viele der Vorschläge zum Thema grenzüberschreitende Zusammenarbeit machen Sinn, sind aber auch nicht so richtig neu. So regte Alain Fontanel (LREM) an, dass die Umweltplaketten zwischen Frankreich und Deutschland harmonisiert werden sollen und Jean-Philippe Vetter (LR) schlug vor, vor dem Bahnhof der Europahauptstadt klare europäische Symbole zu installieren. Da hat er Recht, denn in der Straßburger Innenstadt gibt es, anders als beispielsweise in Brüssel, kaum sichtbare Merkmale, die darauf hinweisen, dass man gerade in der Hauptstadt Europas unterwegs ist.

Hochinteressant war der Vorschlag von Chantal Cutajar (Citoyens engagés), die  anregte, in Straßburg ein Zentrum für europäische NGOs aus verschiedenen Bereichen einzurichten. „Brüssel ist das Zentrum der Lobbys, lasst uns aus Straßburg das Zentrum der NGOs, also der Bürgerinnen und Bürger machen!“.

Zum Thema der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, die alle Kandidaten entwickeln wollen, kam ebenfalls ein interessanter Vorschlag von Chantal Cutajar. Ihre Idee ist es, die 48 Sitze im Eurodistrikt-Rat, dem höchsten Gremium dieser deutsch-französischen Einheit, neu zu verteilen. Sitzen bislang jeweils 24 Abgeordnete aus beiden Ländern in diesem Entscheidungsgremium, sollen nach Cutajars Vorstellung künftig „ein Drittel deutsche und ein Drittel französische Abgeordnete im Rat sitzen und ein Drittel engagierter Bürgerinnen und Bürger, die über eine Internet-Abstimmung ausgewählt werden können“. So etwas wäre eine kleine Revolution, eine bemerkenswerte Aufwertung der Rolle der Bürgerschaft im grenzüberschreitenden politischen Prozess.

Das wäre eigentlich das Thema dieses Abends gewesen, doch statt über Inhalte zu diskutieren, werden wohl die meisten Teilnehmer die Aufregung um Catherine Trautmann in Erinnerung behalten. Schade, das wäre nicht nötig gewesen.

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