Gute Symbolik – aber eben nur Symbolik

Der französische Präsident Emmanuel Macron und der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte haben in Rom Einigkeit demonstriert und die Spannungen zwischen beiden Ländern abgebaut.

Wie schön - jetzt ist wieder alles in Butter zwischen Frankreich und Italien... Foto: Arkanosis / Wikimedia Commons / GNU 2.1

(KL) – Was haben sie sich in den Haaren gelegen, der französische Präsident und der frühere Innenminister und heimliche Herrscher Italiens, Matteo Salvini! Gegenseitig bezichtigten sie sich des mangelnden Humanismus, das der eine wie der andere ihre Häfen für Rettungsschiffe aus dem Mittelmeer geschlossen hatten, man sprach sich gegenseitig den „Humanismus“ ab und die beiden tauschten auch ansonsten allerhand Respektlosigkeiten aus. Doch Salvini ist nicht mehr in der Regierung und somit wurde nun in Rom das Kriegsbeil schnell wieder eingegraben. Das ist gut so, denn die Spannungen auf höchster politischer Ebene fingen bereits an, das Verhältnis zwischen den Menschen beider Länder zu vergiften.

Emmanuel Macron nutzte den Besuch in Italien, um sich einmal mehr als der neue Chef im europäischen Ring darzustellen. Wenn einer in Europa sagt, wo es langgehen soll, dann Macron. Die Ära Merkel ist vorbei und es wird Zeit, die Weichen zu stellen, wie es in Europa nach dem Ende der deutschen Dominanz in Europa und dem Ausscheiden der Briten weitergehen soll. Zwei Schwergewichte der europäischen Politik fallen somit bei der Gestaltung des neuen Europas aus. Und in diese Bresche ist Emmanuel Macron genauso geschickt gesprungen, wie er es bereits in der maroden Politiklandschaft in Frankreich geschafft hatte. Und da auch Giuseppe Conte dringend starke Freunde braucht, haben sich die beiden nun eben auf einer gemeinsamen Ebene getroffen.

Dabei machten sie auch Vorschläge, die gut klingen, aber deren Machbarkeit man, wie so häufig, anzweifeln muss. Da ist der Verteilungsschlüssel für in den Mittelmeer-Anrainerstaaten ankommenden Flüchtlingen umgegangen werden soll und auf den man sich nächste Woche bei einem Treffen auf Malta verständigen will. Dabei, das ist neu und interessant, soll ein solcher Schlüssel für alle EU-Staaten definiert werden und diejenigen Länder, die da nicht mitmachen wollen, sollen finanziell zur Kasse gebeten werden. Klingt gut, wird aber nicht klappen. Zum Einen gibt es solche Verteilungsschlüssel bereits seit 2016, nur haben sich viele EU-Staaten eben nicht an diesen Schlüssel gehalten, weil sie keine Lust darauf hatten, zum Beispiel die „Visegrad-Staaten“ Ungarn, Polen, Tschechische Republik und die Slowakei. Zum anderen, weil eine finanzielle „Bestrafung“ der nicht an einem solchen Schlüssel beteiligten Staaten in der EU nicht durchgehen wird. Denn nach wie vor herrscht das völlig anachronistische und die EU lähmende Prinzip der Einstimmigkeit und daher werden diejenigen Länder, die keine Lust auf die Aufnahme von Flüchtlingen haben, ein solches System einfach ablehnen.

Wir sind tatsächlich im Zeitalter der Symbolpolitik angekommen, in dem fast täglich großartige Ankündigungen gemacht werden, von denen man glaubt, sie würden etwas verändern, doch wenn man etwas später hinschaut, was eigentlich konkret passiert ist, dann ist eben nichts passiert. Wie bei den hehren Klimazielen, die kein einziges Land, das mit viel Brimborium die Klimavereinbarung COP21 unterzeichnet hat, auch einhält. Oder bei der Festlegung von Emissionsgrenzen für Fahrzeuge, die zwar allgemein beklatscht wurde, allerdings ausgerechnet die am meisten verschmutzenden Fahrzeug ausklammerte. Oder die Ankündigung, gesundheitsschädliche Umweltgifte zu verbieten, nur um deren Gebrauch dann doch das eine ums andere Mal wieder zu autorisieren. Oder bei der Frage von Waffenlieferungen an kriegsführende Länder, die mit juristischen Kniffen umgangen werden, damit bei uns keine Arbeitsplätze gefährdet werden. Oder beim lautstark angekündigten Schutz für Whistleblower (man erinnert sich dunkel, dass dieses Jahr tatsächlich EU-Richtlinien für den Schutz von Whistleblowern verabschiedet wurden) – Tatsache ist, dass Julian Assange in einem britischen Gefängnis in Isolationshaft gehalten wird, ohne dass sich die EU mit allen Mitteln gegen die immer näher rückende Auslieferung in die USA stark machen würde und auch Edward Snowden hat kein Asyl in der EU erhalten. Eine Liste, die fast endlos weitergeführt werden könnte.

Die Symbolpolitik ist zwar immer für schöne Pressefotos gut, ändert aber nichts am Status Quo. Natürlich sehen wir lieber Bilder von Macron und Conte, die sich gegenseitig auf die Schulter klopfen, als Bilder von Salvini und Macron, die sich gegenseitig anbrüllen. Aber es ist höchste Zeit, das uns seit Jahren versprochene neue politische Projekt für Europa auf die Schiene zu bringen und Strukturen zu schaffen, in denen die europäischen Staaten nach modernen Prinzipien funktionieren, mit einer verschlankten Verwaltung, mit einer demokratisch gewählten Regierung, ohne die Politik der verschlossenen Türen in Brüssel. Denn die Probleme der aktuellen Zeit erfordern mehr als nur Pressefotos und vollmundige Ankündigungen, von denen hinterher nichts Konkretes übrigbleibt.

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