Hält Frankreichs Regierung bis Weihnachten?

Nicht nur Deutschland kennt momentan eine knackige Regierungskrise – in Frankreich muss Minderheits-Regierungschef Barnier den Haushalt durchbringen – und könnte jeden Moment gestürzt werden.

Ob Regierungschef Barnier seinen Job zu Weihnachten noch hat, ist fraglich. Foto: European People's Party / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Die politische Lage Frankreichs ist ebenso chaotisch wie die in Deutschland. Während in Deutschland die für diese Woche vorgesehene Haushaltsdebatte abgesagt wurde, wird Frankreich wohl einen Haushalt verabschieden können, da Premierminister Barnier den berümten Artikel 49.3 ziehen kann, mit dem er das Haushaltsgesetz ohne Abstimmung im Parlament einfach in Kraft setzen kann. Allerdings könnte daraufhin sofort die Vertrauensfrage die Regierungzeit Barniers beenden – der Regierungschef verfügt über keinerlei Mehrheit in der Nationalversammlung.

Viel lieber wäre es Barnier natürlich, könnte er eine Mehrheit im Parlament für seinen Haushalt zimmern, doch das erscheint schwierig. Heute empfängt Barnier die Fraktionsspitzen der Nationalversammlung und bereits im Vorfeld wurde angemerkt, dass die Rechtsextreme Marine Le Pen die erste sein wird, mit der Barnier sprechen wird. Doch ob es ihm gelingen wird, Le Pen dazu zu bewegen, zusammen mit der Barnier-/Macron-Minderheit zu stimmen, ist fraglich. Zumal auch der rechtsextreme Parteichef Jordan Bardella bei vielen Gelegenheiten betont, dass er durchaus bereit sei, Barnier zu stürzen. Und das würde die linke „Neue Volksfront“ auch gerne.

Als ob das alles nicht schon chaotisch genug sei, überraschte am Wochenende die linksextreme „La France Insoumise“ (LFI) mit einem Gesetzentwurf, mit dem der Strafbestand der „Apologie des Terrorismus“ abgeschafft werden soll. Dass die LFI offen die Terroristen der Hamas verehrt, ist bekannt, doch der Vorschlag der LFI ist ein Schlag ins Gesicht aller Opfer der vielen Terroranschläge in Frankreich, wie der Attentate auf Charlie Hebdo, das Bataclan und viele andere. Im Umkehrschluss bedeutet der Vorschlag der LFI, dass künftig das Werben für und das Rechtfertigen von Terrorismus straffrei sein soll. Darunter würden auch die widerwärtigen Kommentare nach jedem antisemitischen Übergriff fallen, was den Hamas-Freunden der LFI gefallen würde. Was der LFI weniger gefallen dürfte, ist dass sich diese Terrorismus-Verherrlicher unwählbar machen, denn wer den Terrorismus unterstützt, hat in einem demokratischen Parlament nichts verloren.

Was die Langlebigkeit der Regierung Barnier angeht, so hat der Regierungschef nur wenig Spielraum, um den Oppositions-Parteien, die zusammen eine klare Mehrheit im Parlament haben, etwas anzubieten. Denn Frankreich befindet sich in einer katastrophalen Wirtschaftslage, ist das am dritthöchsten verschuldete Land Europas, durchbricht mehrere europäische Stabilitäts-Kriterien und da gibt der Haushalt eben nicht viel her, was man den politischen Projekten der anderen Parteien widmen könnte.

Auch die Umfragen zeigen, dass inzwischen eine knappe Mehrheit der Franzosen für den Sturz der Regierung Barnier wäre, doch ist völlig offen, wie es dann in den kommenden Monaten weitergehen könnte. Neuwahlen sind in Frankreich erst ab Juli wieder möglich und bis dahin wird sich wohl kaum jemand finden, der die nächste Minderheitsregierung Frankreichs von einem Schleudersitz aus führen würde.

Wie weit sich Frankreich und Deutschland mit ihren politischen Nabelschauen ins Abseits manövrieren, erkennt man daran, dass inzwischen selbst Selenskyi erklärt, dass er auf Vorschläge aus Asien, Afrika und den USA wartet, damit der Krieg in der Ukraine beendet werden kann. Europa, Frankreich und Deutschland erwähnt er dabei überhaupt nicht. Waffen und Geld liefern, das ist OK, aber politisch sind Frankreich und Deutschland in der politischen Nations League in die B-Gruppe abgestiegen. Und wenn man in den beiden Ländern nicht schnell Wege aus dem selbstgemachten Chaos findet, könnte selbst der Klassenerhalt in der B-Gruppe schwierig werden…

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