Hat jemand die nordkoreanischen Soldaten gesehen?

Im Krieg und der dazugehörigen Propaganda-Schlacht stirbt die Wahrheit als erstes. Seit Wochen hört man von nordkoreanischen Soldaten in Russland – nur gesehen hat sie noch niemand.

Bilder oder Videos von nordkoreanischen Soldaten in Russland gibt es nicht... Foto: calflier001 / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Wir wissen alle, dass Nordkorea und Russland beim kürzlichen BRICS+-Gipfel im russischen Kazan ein Militärabkommen geschlossen haben. Dies ist belegt und überprüfbar. Seit Wochen hören und lesen wir von bis zu 12.000 nordkoreanischen Soldaten, die angeblich in der von der Ukraine angegriffenen russischen Region Kursk stationiert und dort in Kämpfe verwickelt sein sollen. Dies allerdings ist weder belegt, noch überprüfbar.

Die Quelle der Information über die nordkoreanischen Soldaten ist der ukrainische Geheimdienst, dessen Informationen von amerikanischen Medien übernommen werden und über diesen Weg in den europäischen Medien landen. Zwar hört man immer weniger über diese 12.000 Soldaten, doch immer wieder blitzen entsprechende Informationen auf. So sollen diese Nordkoreaner momentan in Kämpfe in der Region Kursk verwickelt sein. Leiser sind allerdings auch die ukrainsichen Rufe nach massiven Reaktionen des Westens auf diese nordkoreanische Präsenz geworden.

Doch diese angebliche nordkoreanische Präsenz in der Region Kursk wirft Fragen auf. So existiert bis heute kein einziges Foto, kein einziges Video, das diese Präsenz belegen könnte. Doch erscheint seltsam, dass der Transport von 12.000 Soldaten über die 6.600 Kilometer, die Nordkorea von der Region Kursk trennen, von niemandem dokumentiert worden ist und das zu einem Zeitpunkt, zu dem die Überwachung der Länder durch Geheimdienste und Satelliten am Himmel praktisch lückenlos geworden ist.

Wären diese 12.000 Soldaten per Flugzeug nach Russland gebracht worden, hätte dies mindestens 800 Flugbewegungen erfordert, die im internationalen Flugverkehr nicht unbemerkt geblieben wären. Wären diese Soldaten und ihre Ausrüstung über den Landweg nach Russland gebracht worden, hätten die entsprechenden Transportkolonnen ebenfalls nicht unbemerkt bleiben können. Doch wenn heutzutage von praktisch allen Kriegshandlungen, Angriffen etc. innerhalb von Minuten Videos und Fotos durch die sozialen Netze geistern, ist es schon sehr ungewöhnlich, dass niemand diese 12.000 Soldaten zu Gesicht bekommen hat, niemand ein Foto von diesen Soldaten machen konnte, niemand ein Video von den endlos langen Truppentransporten gedreht hat. Und so stellt sich die Frage, ob es diese nordkoreanischen Soldaten in Russland überhaupt gibt, oder ob es sich um eine Propaganda-Fake-News handelt, die zum Ziel hatte, den Westen zu massiven Aktionen gegen Russland zu motivieren, wie in den letzten Wochen von Selenskyi mehrfach gefordert.

Ob es nordkoreanische Soldaten in Russland gibt, kann heute niemand sagen. Es ist, vor allem unter Berücksichtigung des russisch-nordkoreanischen Militärabkommens, nicht ausgeschlossen, doch gibt es nach wie vor nicht den geringsten Beweis für die Anwesenheit dieser nordkoreanischen Soldaten in Russland.

Die „Meldungen“ des ukrainischen Geheimdienstes, der in Kriegszeiten sicherlich keine „neutrale“ Informationsquelle ist, nach denen diese angeblichen Soldaten in der Region Kursk in Kampfhandlungen involviert sein sollen, sind mit Vorsicht zu betrachten. Zumindest so lange, wie echte Beweise für ihre Anwesenheit vorliegen, was bis heute nicht der Fall ist. Zwar fordern Scharfmacher wie Marie-Agnes Strack-Zimmermann starke Reaktionen (ihr Vorschlag lautete, 12.000 NATO-Soldaten in ukrainische Uniformen zu stecken und in der Region Kursk gegen die Nordkoreaner kämpfen zu lassen), aber bevor irgendwelche Aktionen aufgrund dieser nordkoreanischen Präsenz gestartet werden, wäre es besser, würde diese Präsenz bewiesen werden. Denn so lange keine Beweise für diese nordkoreanische Präsenz vorliegen, besteht die Möglichkeit, dass es sich um einen Propaganda-Coup handelt, der den Westen zu einer schärferen Gangart gegenüber Russland bewegen sollte.

Zuverlässige Informationen zum Geschehen in der Ukraine sind inzwischen extrem schwierig zu erhalten, neben den Gefechten an der Front tobt auch eine Propaganda-Schlacht, die von beiden Seiten mit der gleichen Intensität geführt wird.

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