Hauptsache, eine ist zufrieden…

Außenministerin Annalena Baerbock findet, dass die deutsch-französische Beziehungen besser als je zuvor sind. Da sieht man mal, wie weit Berlin von Paris entfernt liegt...

Annalena Baerbock will die deutsch-französischen Beziehungen schönreden. Mit Schmackes. Foto: Michael Brandtner / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Die „Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung“ (DFPV), vulgo „Deutsch-Französisches Parlament“ hat sich in Berlin getroffen. Das ist schön. Dass Sie, liebe Leserinnen und Leser diese „Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung“ nicht kennen, liegt nicht unbedingt an den 50 deutschen und 50 französischen Abgeordneten, die in diesem ziemlich neuen Gremium sitzen, sondern an der Pandemie, die unmittelbar nach dem Start der DFPV erstmal alles auf Eis gelegt hatte. Dass allerdings nun Außenministerin Annalena Baerbock die Ansicht vertritt, dass diese deutsch-französischen Beziehungen „tiefer als je zuvor“ seien, das klingt ein wenig nach Pfeifen im Keller. Denn auf der politischen Ebene zwischen beiden Ländern geht in den zentralen Fragen momentan nichts.

Dass sich Annalena Baerbock wünscht, die deutsch-französischen Beziehungen wären „so tief wie nie zuvor“, das ehrt sie und zeugt von so etwas wie einer europäischen Grundeinstellung. Doch mit den Realitäten hat ihre Aussage nur wenig zu tun. Geradezu abenteuerlich ist ihre Erklärung für die Absage der deutsch-französischen Regierungskonsultationen im Oktober, die nun Anfang 2023 nachgeholt werden sollen. Hieß es damals noch, dass die Absage aufgrund zu vieler unterschiedlicher Positionen erfolgte, redet Annalena Baerbock nun den Grund schön. Für sie erfolgte die Absage nicht etwa, weil es in den Beziehungen zwischen Paris und Berlin kriselt, sondern weil die Beziehungen so gut seien, dass man ein solches Treffen gründlicher vorbereiten müsse, auch um „die Rüstungskooperation zu verzahnen“. Aber verbessert es die Beziehungen zwischen beiden Ländern wirklich, wenn man sie schönredet?

In den momentan so wichtigen Fragen wie der Energieversorgung, dem Ukraine-Krieg, der Pandemie und anderen vertreten beide Länder zum Teil diametral entgegengesetzte Positionen und wenn man genau hinschaut, agieren alle Regierungen in allererster Linie im eigenen, nationalen Interesse, auch, wenn eine europäische Kooperation wesentlich geeigneter wäre, diese Probleme (und andere) zu lösen.

Außer den inhaltlichen (und damit wichtigsten) Fragen stimmmt auch die Chemie zwischen dem Pomp-and-Circumstances-Präsidenten Emmanuel Macron und dem spröden Bundeskanzler Olaf Scholz nicht – die beiden können nichts miteinander anfangen. Dazu beäugt man in Paris mißtrauisch die Berliner Koalition, in erster Linie, weil eine solche Zusammenarbeit zwischen Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen in dieser Form in Frankreich undenkbar wäre. Angesichts der Kompromisse, die Scholz in dieser Koalition eingehen muss, ist die Bundesregierung momentan nicht unbedingt ein Partner, auf den man sich verlässt.

Es wäre wünschenswert, würde die „Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung“ nun Fahrt aufnehmen und die dringend benötigten neuen Impulse für die Zusammenarbeit zwischen Paris und Berlin geben, denn mit dieser Achse steht und fällt die Zukunft der Europäischen Union. Das Elsass und damit der ganze Oberrhein sind in der DFPV gut vertreten – die frühere Ministerin Brigitte Klinkert aus dem Departement Haut-Rhin ist zur neuen Ko-Präsidentin dieses Parlaments gewählt worden und kann sicherstellen, dass die wirklichen Hindernisse in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit auch dort zur Kenntnis genommen werden, wo man weit entfernt von dieser Grenze lebt. Auf geht’s, nun muss in der DFPV gearbeitet und geliefert werden! Und Annalena Baerbock, die von den deutsch-französischen Beziehungen nicht gerade umwerfend viel Ahnung hat, sollte die Bewertung dieser Beziehungen lieber Experten überlassen, die sich mit dieser Frage auskennen…

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